Full text: 1517 - 1721 (2)

B. 2, K. 2, 8 25 
„gesunde Erklärung der heiligen Schrift und den rechten Verstand der allgemeinen 
Kirchenbekenntnisse““ ebensowenig beweise wie die eines Arius, eines Acontius 
(Stratagemata Satanae 1665) und des Socinianers Jonas Schlichting (Con- 
fessio Fidei Christianae 1661). Zum Schluß wird ausgeführt, daß nicht 
nur die lutherischen, sondern auch die reformierten Kirchen das Lehrstück von der 
(gnadenweisen) Rechtfertigung der Menschen vor Gott und ihrer Versöhnung durch 
Christum stets als „das Hauptstück der gantzen Christlichen seligmachenden Re— 
ligion / daran aller Trost / und der Seelen ewiges Heil /und alle ander Theile 
der Christlichen Lehre hangen“ gerühmt haben, ja daß auch im Papsttum dieser 
Sündertrost „etlicher Maßen“ stets beibehalten sei“ ). 
Sieht man das Buch als ganzes an, so muß, wenn man von den persönlichen 
Reibereien mit der Jungfrau absieht, gesagt werden, daß sich in ihm ein starkes 
wissenschaftliches Talent offenbart. Es ist schade, dasi B. an wissenschaftlichen 
Büchern nur die beiden besprochenen geliefert hat. 
Das zweite Buch Burchardis war die letzte Berührung unserer Kirche mit 
Antoinette Bourignon. Nachdem sie auch in ihrem Hamburger Versteck von 
den „Priestern“ ausgekundschaftet war und wiederum Verfolgung befürchten zu 
müssen meinte, verließ sie die Stadt am 26. Juni 16077 und fand nach allerlei 
Irrfahrten ein Asyl bei dem Freiherrn von Knyphausen auf Lützburag in Ost— 
friesland. Zwei einigermasien friedliche Jahre waren ihr hier noch gegönnt, dann 
erhoben sich wieder „Verfolgungen““. Sie floh nach Westfriesland und starb an 
Fieber und Ruhr zu Franeker (30. Oktober 1080), 64 Jahre alt. Wenn 
man das ruheloseLeben dieser Pilgerin anschaut, mutet es einen freilich tragisch 
an. Man muß jedoch urteilen, daß sie diese Tragik zum größten Teile durch ihre 
krankhafte Selbstüberschätzung, ihren Eigenwillen und ihre Unklugheit selbst ver— 
schuldet hat. Das Land der Verheißung, das ihre Seele auf unserem Nordstrande 
uchte, hat sie nicht erreicht: sie starb wie Moses, ohne es auch nur mit Augen 
gesehen zu haben. 
Ihre geistige Hinterlassenschaft liegt lediglich in ihren von P. Poiret so schön 
herausgegebenen Werken vor: eine Gemeinde hat sie nicht gebaut. Auch in 
unserem Lande hat sie keine Spur hinterlassen. Ob die lebhaften Bemühungen 
unserer Landesgeistlichkeit, die ihr anvertrauten Seelen gegen das von der Pro— 
fetin ausgehende „Gift“ zu schützen, wirklich nötig waren, kann die Frage sein. 
20) Für letzteres beruft Vf. sich auf Calirt. Schon daraus wie aus der ganzen Ausführung 
ergibt sich, daß bei Burchardus die starre Kauwfstellung des Luthertums gegen Calvinismus 
und Katholizismus nicht mehr vorhanden ist. Die Frontstellung ist eine andere geworden: der 
Feind (für alle drei Konsessionen) ist neben dem antikirchlichen Schwärmertum die neu auf— 
gekommene „gottlose“ Philosophie der Zeit (Cartesins, Spinoza, Hobbes).
	        
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