Full text: 1517 - 1721 (2)

Friedrich Brecking 
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immer wieder: seine Schrift sei nur eine Anwendung von Gottes Wort auf die 
tatsächlichen Verhältnisse in der Kirche, und könne deshalb nicht nach weltlichem 
Recht als beleidigende Schandschrift gewertet werden. Auf die Frage, auf welche 
Personen und welche bestimmten Vergehungen er ziele, ging er nicht ein; ebenso— 
wenig scheint er auf die Frage, ob er das Werkzeug zu seiner Schrift nicht von 
Schwenkfeld, Weigel, Elias Praetorius und anderen Phantasten und neuen Pro— 
pheten entlehnt habe, und ob er diese für orthodox oder heterodox halte, eine klare 
Antwort gegeben zu haben. Zuletzt verlangte man von ihm, daß er innerhalb 
vier Wochen seine Schrift zurückziehen und während der Zeit nichts schreiben 
oder in Druck geben solle, und erklärte, daß er, falls er dem entgegen handle, 
seines Amtes entsetzt werden solle. Breckling ließ sich auf nichts ein, sondern er— 
klärte, daß man Gott mehr gehorchen müsse als den Menschen. Ja, er scheint nun 
erst recht den Druck seiner Schrift beschleunigt zu haben. 
Demnach wurde er nach reichlich vier Wochen, am 15. März, vor die mit dem 
Konsistorium vereinte Pröpstesynode als höchstes Disziplinargericht gestellt 
Von den Symnodalen erschien persönlich nur Propst Bonaventura von Rehefeld. 
Hadersleben; die übrigen Pröpste waren durch die Kriegeswirren am Erscheinen 
verhindert, hatten aber ihr Gutachten schriftlich übersandt. Die Verhandlung ver— 
lief ähnlich wie die vor dem Konsistorium: Breckling war zu keinerlei Nachgeben 
bereit. So kam man gegen die Stimmen etlicher Konsistorialen zu einem Ur— 
teil, das folgendes besagte:““) 
Wegen einiger unverantwortlichen Schmähschriften, darin J. K. M. nicht verschonet, seine 
hohen und anderen Bedienten gröblich angegriffen, die Lutherischen Prediger und Lehrer inde- 
finite mit harten Auflagen beschweret, auch wegen einiger von ihm in seinem Amt verübter 
Excessen werde für recht erkannt: 1. daß die wider den allergnädigsten Herrn und Köunig aus— 
gegossenen unleidlichen Reden zu Ihrer K. M. Gnade und Ungnade durch Untertänigste Relation 
heimzusetzen seien; 2. das er wegen des Ungehorsams gegen des Sup. Vefehl, seine Schrift 
oͤhne dessen Zensur nicht in Druck zu geben, diesem gebührend Abbitte tun solle; 3. weil er 
wider das ev. luth. Predigtamt grobe Lästerungen ausgeschüttet, ohne Beruf solche Reformation 
angefangen, keinen gründlichen Beweis dessen, was er geschrieben, vorgebracht, die Leute wider 
die christliche Liebe gestrafet und getadelt habe, die er niemalen gesehen noch gekannt, auch weil 
solche Reden vom Lutherischen Predigtamt den Schwenkfeldianern, Weigelianern, Enthusiasten 
und dergleichen Leuten gebräuchlich, er in puncto des Schwenksfeldianismi, wie hart er auch 
gefraget, sich dennoch categorice nicht habe erklären wollen; 4. weil er in einem Buche „von 
der Abgötterei““ die Kraft des Wortes Gottes an die Heiligkeit der Prediger geknürft, von 
J. M. Kriegen und derso Alliierten wunderlich gelehret, das gemeine Kirchengebet für die Alli— 
jerten angestichelt habe, auch trotz aller persönlichen und gerichtlichen Warnung bei seinen un- 
verantwortlichen Reden vorsätzlich verharret sei und die Publikation seiner Schriften angedrohet 
habe; 5. weil er entgegen der Kirchenordnung die Privatabsolution aus eigenem Gutdünken 
uͤnterlassen und einen Ehebrecher ohne vorhergehende „Versöhnung mit der Kirche und Obrig- 
keit“ (durch die Kirchenbusse) und ohne vorherige Anfrage bei dem Sup. oder Konsistorium 
etwa acht Wochen nach dem Tode seiner Frau getkrant habe; 6. auch endlich die Consistoriales 
bei währendem Verhör mit garosten Injurien und allerhand Schmähworten vielfältig onerieret 
habe, 
so sollte der Angeklagte bis auf weitere Königl. Resolution vom Amt suspendiert und bis 
dahin der weltlichen Obrigkeit zur sicheren Verwahrung übergeben werden; bis zur Königlichen 
Entscheidung wird ihm ferner auferlegt, nichts zu schreiben oder zu publizieren. 
Dies Urteil ist von der Nachwelt vielfach angefochten worden. Wie mir 
scheint, mit Unrecht. Nur wer mit Breckling selber ihn für einen berufenen Pro— 
pheten Gottes ansah, konnte sein Verfahren billigen oder entschuldigen. Wer solchen 
Glauben nicht hatte — und wer wollte es den so hart geschmähten Amtsbrüdern 
und Vorgesetzten verdenken, daß sie dieses Glaubens nicht waren — konnte in 
19 Siehe das Urteil Voritalis triumphus Ba. E.
	        
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