Schwartz gegen Muhlius, 1701
X 29 Melchior Krafft, doch auch dieser zunächst unter einem Psendo⸗
nym ).
Des ersteren Schrift empfand Schwartz als so beleidigend, daß er sich beim
König über sie beschwerte. Er erreichte talsächlich auch, dasi sie aufgrund eines
von der Kopenhagener Fakultät abgegebenen Gutachtens auf Königlichen Befehl
in Altona auf dem Markte durch den Scharfrichter öffentlich verbrannt wurde.
Cratos Schrift ist gründlich und gut, auch einigermaßen sachlich geschrieben.
Nach einer kritischen Behandlung des von Schwartz gegebenen Ketzerverzeichnisses
„rettet“ der Vf. zunächst S. 50— 94 Sandhagen: zwischen dessen Zukunfts—
hoffnungen und dem wirklichen Chiliasmus Petersens bestehe ein gewaltiger Unter—
schied; Sandhagen habe (mit den meisten Orthodoxen) deutlich gelehrt, daß das
Apok. 20 verheißene 1000jährige Reich schon mit Konstantin begonnen habe;
seine Hoffnung auf eine völlige Bekehrung Israels, den Fall des Antichristen
(Roms), eine allgemeine Ausbreitung des Evangeliums, überhaupt auf bessere
Zeiten der Kirche sei in keinem Sinne Chiliasmus zu nennen. Bemerkenswert ist,
daß Crato bei dieser Gelegenheit auch Horb und Spener verteidigt (S. 48 ff.)
und sich somit deutlich als pietistischen Parteigänger im eigentlichen Sinne bekennt.
Ebenso gründlich rechtfertigt Vf. S. 94 — 159 Muhlius' Schriftgebrauch (wobei
er gleichzeitig fir Coccejus ein gutes Wort einlegt) und bespricht endlich (S. 100
bis 215) die weiteren von Schwartz gegen ihn erhobenen Monita. Erst der Be—
schluß (S. 210- 225) wird stark persönlich, indem Vf. Schwartzens Vorgehen
geradezu als ein teufliches Werk charakterisiert und mit pathetischen Worten den
alten Sünder auffordert, Buße zu tun.
Muhlius selber begnügte sich damit, der Arbeit Cratos eine längere
Vorrede (84 Seiten) mitzugeben, in welcher er durchaus sachlich seine Methode
der Schriftauslegung rechtfertigt, und einer Disputation des zum Pastor in
Brügge designierten Johann Masius (Maas) einen lateinischen Brief an
denselben anzuhängen, in welchem sich sein Hochmut und gekränkter Ehrgeiz desto
kräftiger austobt. Wenn Muhlius sich später der größten „Moderation“ gerühmt
hat, so stimmten die Prädikate, die er hier in gewählten Latein seinem alten Kol—
legen erteilt, wenig dazu. Er nennt denselben einen unfähigen und naseweisen
Menschen, einen törichten, tobenden (lerocientem) Greis, einen frivolen Ze—
loten oder vielmehr Sycophanten, den das Alter kindisch und vergeßlich gemacht
habe, spricht von seinem törichten und ärmlichen Verwort, von seiner elenden (pro-
letaria)] Schreibweise, welche der Art der Spaßmacher und des gemeinen Volkes
nachstrebe; „Sechwartzius non Schwartzius esse non potest. Hic niger
est. Et quis non hujus Nigri teterrimas artes intelligat!“
Für Schwartz trat einzig und allein Siegfried Bentzen in die Schran—
ken?“). Dafür ist aber seine Apologie auch um so schneidiger. Mir ist unter den
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159) Mag. Crato, Gerettete Unschuld zweyer Hochfürstlichen Holsteinischen
Superintendenten ... wieder die falsche Beschuldigungen D. Josuae Schwartzens ... Sles-
wigae 1702. — J. M. Krafft, eine kräftige Persönlichkeit, einer der hervorragendsten
Vertreter eines gemäßigten Pietismus in unserm Lande, war in Weslar 1073 geboren, kam
als Hauslehrer nach Holstein, wirkte seit 1008 als Conpastor in Süderstapel, seit 1706 als
Pastor in Sandesneben; 1709 ward er Archidiakonus, 1712 Pastor und Kircheninspektor in
Husum, erhielt 1730 den Titel eines Königlichen Consistorialrats und starb 1751. Sein größtes
literarisches Verdienst ist seine treffliche Husumsche Kirchengeschichte („Zwephundertjähriges
Jubelgedächtniß“, Hamburg 1723). Ueber seine Persönlichkeit vgl. Bu MeH, 331 f., im übrigen
Moller II, 431 ff. und die bei Arends gegebenen Literaturangaben (l, 105).
2n) Chiliasten-Freundund Sabbaths-Feind. Altona 1702. Der Vf. war