Full text: 1517 - 1721 (2)

366 
B. 2, K. 2, 8 27 
heimen und amtlichen Wegen gegen Muhlius zu wirken““), zugleich aber die 
Stille benutzt, um Kraft und Stoff zu einem Buche zu sammeln, das den Gegner 
völlig zu vernichten besiimmt war. Sein 1705 in Flensburg erschienenes Werk 
„Wider D. Henrici Muhlii ... Chiliastische Vorspiele/ 
Principia und Chiliasmum selbst“ ist schon durch seine ungeheure Breite 
(470 Quartseiten) ein Monstrum innerhalb der polemischen Literatur. Aber diese 
Breite entspringt nicht einem Marasmus senilis, wie ihn die Gegner dem ehr⸗ 
vürdigen alten Herrn anzudichten pflegten, sondern seiner ungemeinen Gründlich— 
keit. Mit einer austerordentlichen Sorgfalt und wahrlich nicht uninteressant, viel— 
mehr mit einer bewundernswürdigen Schärfe des Geistes, geht er der willkür— 
lichen Schriftauslegung und dem „subtilen“ Chiliasmus seines Kollegen zu Leibe 
ind vertritt demgegenüber mit einer Konsequenz ohne Gleichen die lutherisch-ortho— 
doxe (altkatholische) Lehre, daß es vor dem letzten Kommen des Herrn zum Gericht 
kein besonderes Gottesreich auf Erden, keine Bekehrung der Juden, keinen äusier— 
lichen Umsturz des Papsttums und keine wesentliche Besserung der Kirche geben 
werde. Zum Schluß bekämpft er noch, deutlich auf eine entsprechende Aeußerung 
Muhlius' hinzielend, das „pietistisch-chiliastische Porisma“ (Folgesatz), „daß es 
nicht nötig sey, das Heilige Abendmahl offte zu gebrauchen““. Dem Ganzen geht 
eine 60 Seiten lange Vorrede voran. Sie ist eine Apologie seines seit 
50 Jahren gegen die Irrlehrer von Pufendorf“) bis zu Muhlius geführten 
Kampfes. Man erkennt aus ihr, wie sehr ihm der Lehrkampf Gewissenssache 
war, und lernt den aufrechten, redlichen Mann schätzen. 
Auf diesen gewaltigen Angriff konnte Muh lius doch nicht umhin, selber 
zu antworten. Es ist für seine hochmütig-lässige Art charakteristisch, daß er meint, 
das gründliche und fleisige Werk seines Gegners auf 64 Seiten kleinsten Sedez— 
formates abtun zu können. Er tut es nämlich lediglich in einer Vorrede zu dreien 
von ihm gehaltenen Ordinationsreden ). 
In höchst temperamentvoller Weise geht er hier gegen seinen Angreifer los. 
Alle Beschuldigungen auf Irrlehre, welche Schw. wider ihn erhoben hatte, führt 
er lediglich auf „Verdrehungen, grausame Folgereien, Phantasien und Träume“ 
sowie auf das boshaftige und haßerfüllte Herz seines Kollegen zurück. So wenig 
man es Muhlius verdenken kann, daß er sich tapfer wehrt, so ist er doch in 
höhnischen und verächtlichen Reden und persönlichen Beschimpfungen dem Gegner 
weit überlegen““). Zum Schlusse appelliert er an die Obrigkeit mit der Bitte, 
D. Schwartzen das „Ketzermacher-Handwerk zu legen“ und berichtet, daß die Fürst— 
liche Regierung bereits die Konfiskation seines Buches angeordnet habe. Auch 
21) Wenigstens behauptet Muhlins in seinem „Vorbericht“ (D. 3), es sei während dieser 
drei Jahre die Hauptverrichtung Schwartzens gewesen, ganze Fakultäten und Ministeria wider 
ihn aufzuhetzen, ja „bei seiner hohen Herrschaft seine (Muhlius) Lehre hefftig iu araviren und 
zu verunglimpfen.“ 
22) Die Erinnerung an seinen Kampf gegen Pufendorf helt er „mit Fleisi““ wieder hervor, 
weil der Author a uch hie vu Lande seines Juris Naturage wegen admi— 
iret wird. 
g) Erörterundg verschiedener jetziger Zeit erregten Materien in dreyen Ordinations— 
reden ... nebst einem Worber ichtt von ID)Y. Josuae Schwartzens ... Tractat .. Schleswig 
705. 
*7) Nur einige Kraftausdrücke seien hier wiedergegeben: er spricht GBogen a 3) von „einem 
empfindlichen Eckel“, mit dem man Schwartz ansehen müsse, von dessen „Tausend Lügen“ (c 5), 
nennt ihn einen „Gaukler“ (c 3) und vergleicht ihn (55f.) mit einem „alten zahnlosen Rüden 
und beißerigen Dorff-Reckel, der ihn durch den Zaun anbleckt, da er sonst nicht beisien kann“.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.