Full text: 1517 - 1721 (2)

* 
B. 2, K. 2, 6 28 
Statt auf diese Fragen sich alsbald rund und kurz zu erklären, erbat und erhielt 
Str. die Erlaubnis sich schriftlich darüber zu äußern. Er verfasite nun zur Be⸗ 
antwortung dieser Fragen eine ausführliche „Deduction““), welche er am 
22. Juli im Konsistorium verlas. Statt ihn darauf hin rund und nett als Irr⸗ 
lehrer zu erklären, fand sich dasselbe gemüßigt, ihm auf seine „Deduction“ eine 
ausführliche schriftliche „Beleher ung“ zu geben, was natürlich wieder Wochen 
lang dauerte. Nach Empfang dieser „Belehrung“ forderte Str. wieder eine 20— 
wöchige(!) Frist zu einer endlichen „kategorischen Erklärung“. Diese wurde ihm 
indessen nicht bewilligt. Darauf erhob er „Protestation“ an den König, und das 
Konsistorium „supplicirte“ gleichzeitig an denselben. Die Autwort war ein Befehl 
aus dem Königl. Conseil an Str., sich innerhalb vier Wochen bei S. M. zu 
verantworten, warum er auf die zwei Fragen des ihm vorgesetzten Konsistorium 
sich einer richtigen und deutlichen Antwort entlediget habe, und nunmehr eine solche 
immediate an S. M. einzureichen (21. Febr. 1708). Wie Strandigers Ant— 
wort gelautet hat, steht dahin: ehrlicher Weise mußte sie derart sei, daß er darauf 
nichts anderes als eine Ausweisung aus dem Königlichen Gebiet erwarten konnte: 
ein Mann, der die Kindertaufe und den kirchlichen Gottesdienst verwarf, war ein 
Ketzer, den die Obrigkeit nicht im Lande dulden durfte. Doch damals erfolgte ein 
consilium abeundi noch nicht, man ließ, wie es scheint, in Kopenhagen die 
Sache „schleifen“. Aber Str. fühlte selber, das in Flensburg seines Bleibens 
nicht mehr sei: er kam einer etwaigen Ausweisung zuvor, indem er sich mit Weib 
und Sohn in das Gottorfische Ketzerasyl Friedriisch sta dt begab. Da war 
auch für ihn der richtige Ort: dort konnte er still und nnangefochten seines Glau— 
bens leben. Auch in den „Kriegstroublen“ (1713), so schreibt er) „bewiesen ihm 
die Schweden und Muscowiter bei weitem nicht so viel Feindseligkeit, als Hr. 
Braker ihm gethan, der doch sein Schwager war.“ Wie tolerant er dachte, ergibt 
sich daraus, daß er seine Frau und seinen Sohn ruhig sich zur lutherischen Kirche 
halten ließ. Für sich selber aber suchte er, ohne erklärtermasien zu ihnen über 
zutreten, Gemeinschaft mit den Mennoniten'). 
War Str. so dem ärgerlichen sonntäglichen Anprangern durch Braker u. a. 
entronnen, so konnte er doch nicht hindern, daß seine Sache literarisch 
behandelt wurde, ja, er gab selber den Anlaß dazu. Bei seinem Scheiden 
aus Flensburg veröffentlichte er zu seiner Rechtfertigung vor diesem seinen „ge— 
liebten Vaterlande“ jene im Konsistorium verlesene „Deduction“ unter dem Titel: 
Otto Lorentzen Strandigers, vormaligen Predigers Bekänntnüs vondem 
Kirchlichen, sogenannten GottesdienstimLuthertum . . . 
(o. O. 1708). Der Titel ist irreführend, denn er behandelt hier hauptsächlich J. 
seine Ansicht von der Kindertaufe und dann erst II. die vermeintlichen Schäden 
des öffentlichen Gottesdienstes. In J. entwickelt er die bekannten Gründe gegen 
die Kindertaufe, wie sie noch heute von ihren Bekämpfern vertreten werden, in 
II. straft er das unchristliche Leben der Gemeindeglieder') und des größten Teils 
der Prediger, die Leichen- als Lügenvredigten, die Absolvierung notorischer Sünder 
) Dieselbe umfasit im späteren Druck 140 Oktapseiten. 
) Heilsahme Wahrheit S. 15. 
io) Vgl. ebendort S. 63-07 das warme Lob, das er deren frommen Christenwandel erteilt. 
Auch von ihren Lehrsätzen sagt er, „dasi selbige mit dem Buchstaben heiliger Schrift besser 
können bewiesen und behauptet werden als die Sätze aller übrigen Sekten.“ 
1) Val. S. 78: „Gewissenhafte Prediger klagen selbst, daß sie kaum 3. ä 6. rechte, Gott 
meinende und fromme Christen in ihren auch großsen Gemeinden haben.“
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.