O. v. Sirandiger, 1708 si.
—381
im Beichtstuhl, die unfromme Haltung des Gottesdienstes“) und alles übrige, das
einen ernsten Christen veranlassen könne, Gottesdienst und Abendmahl zu meiden.
Doch will er nicht den öffentlichen Gottesdienst, sondern nur diese Aergernisse ab
geschafft wissen, oder aber, da letzteres noch nicht zu erreichen, daß denen, die Gott
suchen, verstattet werde, sich unter einander zu versammeln (S. 150 f.). Seine
Ausführungen sind im allgemeinen ruhig und sachlich.
Nachdem Strandiger eine so grundstürzende Lehre wie die Verwerfung der
Kindertaufe in die Oeffentlichkeit gebracht hatte, konnte es natürlich nicht aus
bleiben, daß die offizielle Kirche sich dagegen wehrte. Doch war der Widersiand
zunächst merkwürdig schwach. Zuerst trat auf Hinrich Hammerich, fürst.
licher Hofprediger und Propst zu Glücksburg“), mit einer Schrift: „Mer thä—
digte Kindertaufe“, Flensburg 1708. Sie war jedoch nichts weiter
als ein kurzer Auszug aus dem schon 1001 vom Hamburger Ministerium heraus
gegebenem „Quakergrenel“. Das Flensburger Ministerium schwieg sich aus. Erst
1712 gab der Kaplan an der H. Geistkirche, Aren d (Arnoldus) Fisscher),
eine Schrift heraus: „Dise noch fest stehende unumbstößliche
Wahrheit unserer Lutherischen Kirchen von der Kindertaufe, und dem so
genandten äusierlichen Gottesdienste, wieder Herrn O. L. Strandigers Bekäntnin
... aufgesetzet““. Gegen Fischer richteie Strandiger 1714 eine kleine, aber scharfe
Schrift: „Fisscher widerleget von Fischer“ (o. O. *0 Kl. Detav
seiten), in der er dessen Halbheiten und Inkonsequenzen aufzuzeigen sich bemüht
Es wäre besser gewesen, wenn Str. geschwiegen hätte, zumal, da er in dem
selben Jahr, nachdem seine Frau verstorben war, auf Drängen seiner Ver
wandten in seine Vaterstadt zurückkehrte. Denn so brachte er sich dort wieder in
Erinnerung und stellte das in seiner Mehrheit tolerante Ministerium vor die
Frage,tob es einen erklärten Separatisten in seiner Mitte dulden dürfe. Obagleich
Sir. (wenigstens versichert er das selber) sich völlig ruhig verhielt, erreichten doch
Braker und Fischer durch ihr Predigen gegen ihn, daß das Konsistorium
sich der Sache annehmen mußte. In seiner Sitzung vom 11. März 1715,
beschloß es, da auf seine früheren Supplikationen von Kopenhagen her nichts
erfolgt sei, selber in der Sache nicht vorzugehen, wohl aber, „da Herr Otto sich
wieder eingefunden und schon eine geraume Zeit unter uns sich aufgehalten, die
Sache an J. K. M. zu denunciren, wie er noch auf seinem vorigen Sinne hart
beharre, da Gefahr der Verführung zu besorgen, und also J. K. M. zu ersuchen,
dasi er allhier nicht möge geheget werden, wie dann sonst keine andern als der
augsb. Conf. Verwandten bisihero allhier geduldet worden.“
Die Sache ging also nach Kopenhagen. Auch dort war für Strandiger, nach
2) S. 75: „Wie das Gebeth und Gesang in der Kirchen bewandt, mercket ein verständiger
leicht, der da betrachtet der Kirchgänger shlehte Andacht, herum gaffen, Zusammensprach, das
Singen in fremder unbekannter Sprache, das unnütze Orgel Spiel, ich meine, dabey offtmaht
nicht gesungen wird, und die weltliche üppige Melodeven, den heifartigen Leibes Schmuck und
Kleider Pracht, den bösen Unterscheid, und das Ansehen der Persehnen in den Vorbitten ...“
) Ueber Hammer isch vgl. Moller l, 2373 Arends l, S. 710. Ausßer mehreren Leichen
predigten eristiert von ihm noch ein 17080 zu Flensburg anonnm herausgekemniener „Glücks
burgisher Spruch- und Reim Catechismus““. H. starb 1710, etwa 18 Jabre alt, und es ist
für Strandigers Denkweise charakteristisch, daß er (Fischer widerlegt ven Fischher S. o) in
tiesem baldigen Absterben eine Strase Gottes für Hammerichs Verhalten gegen ihn sieht.
i) Arend Fischer wurde 1715 Paster und Prorst zu Hadersleben, 4— 1730. Vyal—
BumMo, S. 320.
2) Val. das Protokoll des Flensburger Kons. &t. .A t'. XII. 2. Nr. l.