Full text: 1517 - 1721 (2)

Flensburger Konflikt mit Dassov 
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wie es scheint, in Kopenhagen beliebt war') und insofern gegen die Attacken der 
Orthodoxie einen festen Rückhalt besaß. 
Der von diesen Männern sowie dem prächtige Rektor Möller ver— 
tretene Pietismus war eigener Art, man möchte fast sagen: ein Flensburger Spe 
zifitum. Sie waren wirkliche Pietisten, d. h. bewußte Verehrer Speners, und 
nicht ohne Verbindung mit Halle — der Propst ließ dort zwei Söhne studieren — 
aber sie lehnten allen Enthusiasmus ab und standen fest auf dem Boden der Kirche 
und der kirchlichen Lehre“). Was sie wollten, war eigentlich nichts anderes als 
lebendige Kirchlichkeit und frommes Leben. Deshalb lehnten sie den Parteinamen 
„Pietisten“ für sich durchaus ab und bezeichneten wie damals so manche ihrer Art 
den Pietismus als ein non ens, d. h. als etwas in seiner Besonderheit gar nicht 
eristierendes ). 
Dieser Flensburger — Kryptopietismus, der unter Schwartzens Regiment trot 
allem Treiben Brakers sich hatte halten können “), geriet mit dem neuen GS 
schon bald nach dessen Amtsantritt in schärfsten Konflikt. 
Diesmal aber ging die Sache nicht von Vraker aus, wenn dieser auch im 
weiteren Verlaufe hinter den Kulissen eifrig gegen seine Amtsbrüder wirkte, 
sondern von einem „Fremdling“, einem aus Franken stammenden langjährigen 
Stud. theol., der in Wittenberg zum Mag. Philosophiae promoviert war 
und schon mehrjährige Kämpfe gegen den Pietismus hinter sich hatte, Johann 
Audreas Göbel. In einer Schrift gegen „Wincklers sog. Arcanum 
Regium“ 7), hatte er den König von Preusien und „dessen glorwürdigsten Herrn 
Vater ziemlichermasien angezapfet““. Der König verlangte erst von Leipzig, dann 
von Jena seine Auslieferung; Göbel floh nach Hamburg und ging, „weil er sich 
auch daselbsten vor J. M. von Preußen nicht sicher gefühlt“, nach Altona, wo er 
sich einige Jahre aufhielt und eine „Apologiam zu Declinirung K. M. von 
Preußen Ungnade in Druck gehen liesi“. Ueber Jütland kam er dann nach Flens 
burg, wo „auf Brakers Ansuchen“ J—?“. Jebsen von St. Marien ihn in sein 
Haus aufnahm. 
Zwischen Ostern und Pfingsten 1711 stattete dieser Mann dem Diakonus an 
St. Marien Frauz Mölleer eine Visite ab, bei welcher scheinbar ganz freund 
lich über allerlei theologische Fragen, wie die Theopneustie der Symbolischen 
Bücher, die gegenwärtige Seligkeit der Gläubigen und die Wertung der Halleschen 
Theologie gesprochen wurde. Nachher mustte Möller erfahren, dasi Göbel ihn hin 
und her in der Stadt aufgrund jenes Gespräches pietistischer Irrlehren beschuldigte. 
Ja, am 3. Pfingsttage hielt dieser in der Marienkirche eine Predigt, in der er 
aufs heftigste gegen Fanatiker, Schwärmer und Pietisten loszog und nicht un 
deutlich merken ließ, daß Möller auch einer dieses Gelichters sei. 
Durch die ihm so 'bereitete „falsche Blame“ aufs höchste aufgebracht, zitierte 
) Das wird schon dadurch bewiesen, dast er nach Clausens Tode, 1724, trotz seiner 70 Jahre 
zum GS befördert wurde (4 1728). 
) Das hatten sie bei Strandiger bewiesen, dem sie freundlich gesinunt waren, solange er auf 
kirchliem Voden blieb, aber deutlich von ihm abrückten, als er die Kindertaufe aufgab. 
5) Damit hatten sie ja insefern Recht, als das, was man Pietismus naunte, tatsächlich in 
allen möglichen Farben schillerte, vom aröbsten Enthusiasmus bis ur einfachen lebendigen 
Frömmigkeit. 
0) Propst Hover rühmt in einem Aktenstück Schwarzens Gerechtigkeitssinn, Offenheit und 
Gradheit: die Angebereien Brakers habe er stets den Betrofferen zur Aeußterung zugestellt und 
dann meist zufriedenstellenden Bescheid bekommen. 
7) So Hoper. Ich habe die Schrift bisher nicht identifizieren können. 
Feddersen, Kirchengeschichte, B. II
	        
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