Berufung der Geistlichen
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mächtige Aneignung eines Kirchendienstes, insonderheit jeder Kirchenkauf ver—
boten wird (dat sick nemandt eine Karspelkercke toeigen möge (yendicet), he sy
denne wo recht vs dartho geeschet (legitime vocatus, Ord. lat. S. 45).
Auf S. 51 wird sodann unter dem unzutreffenden Titel: „Wo men de Kercken
Dener Ordineren schal““), in einem typischen Fall beschrieben, wie eine recta
vocatio vor sich geht. Dem kanonischen Rechte entsprechend werden drei Haupt—
akte derselben hervorgehoben: J. die „Eschung““) durch die Gemeinde, 2. die
Qualification des „Geforderten“ durch den obersten Geistlichen in der Ordi
nation, 3. die Belehnung des Geforderten und Ordinierten mit dem
Pfarrlehen durch den Lehnsherrn (den Landesherrn oder Patron). Nebenakte zu l.
sind Vorexamen und Praesentation (d. h. hier: Vorstellung des Geforderten vor
dem Bischof). Vorbedingung zu 2. ist die Prüfung durch den Bischof. Nach
klang zu J., zur Belehnung oder der endgültigen Uebertragung der Pfarrstelle
linstitutio, investitura) ist die Einführung, für welche S. 52 eine bestimmte
Form vorgeschrieben wird. Die Einführung ist nicht die Belehnung, sondern nur
die mündliche Proklamation derselben und (nach der Ordinatio) die commen-
datio des Belehnten ad poppulum. Die Belehnung GBestallung) selber
geschah schriftlich, und zwar durch eine Urkunde, in welcher unter der Bedingung
treuer Erfüllung seiner Amtspflicht dem Erwählten und Ordinierten der volle und
ungekränkte (lebenslängliche) Genuß der Einkünfte seiner Pfründe zugesagt
wurde'“). Diese Einweisung in das Amt ist die ocatio im engeren
Sinne, weshalb auch die Institutionsurkunden später als Mokationsbriefe
bezeichnet wurden ).
2. Die tatsächliche Gestaltung der Stellenbesetzung.
Mit den so beschriebenen Bestimmungen der KO ist indes nur der all—
gemeine gesetzhiche Rahmen gcekennzeichnet, innerhalb dessen sich die
Stellenbesetzung bewegte. Da die KO keine neue und allgemeine Weise derselben
vorgeschrieben hat, blieb es auch in dieser Beziehung bei der uralten mittelalter
lichen „Freiheit“ und Mannigfaltigkeit, welche für unser Land überhaupt so charak
) Unzutreffend, weil in diesem Artikel gar nicht, wie in der Ord. lat., jreziell von der
Ordination die Rede ist. Hier scheint doch eine gewisse Nachlässigkeit der Bearbeiter der
Ord. lat. vortuliegen.
) Forderung, vergl. S. 247.
) Es ist bemerkenswert, dañ in der KO. noch der Bischof als der Instituierende erscheint,
wie wir denn tatsächlich noch Institutionsurkunden von der Hand Bischof Tilemans kennen. Hier
haben wir noch einen Nachklang der alten Collationsbefugnis, welche dem katholischen Bischos
eignete. An die Stelle der bischöflichen Institution trat mit dem Aufhören des Bischofsamtes
selbstverständlich die landesherrliche, welche da, wo ein anderer die Befugnis zur Institution
besasi, durch die landesherrliche Besstätigung (confirmatio) ersetzt wurde. Die landes
herrliche Institution, bezw. Confirmation erfolgte, wie es scheint, im Gottorser Anteil direkt
durch den Fürsten, im Königlichen, wenigstens zunäschsst, durch die Amtmänner.
) Ebenso wie der der pracscntatio ist auch der Begriff der vocalio zunächst noch
schwankend. Einnial bezeichnet das Wort den ganzen Kempler der Handlungen, durch welche
die Anstellung der Geistlichen konstituiert wird („rile vocatus“). Ferner bezeichnete man
anfäng'ich vielsach schon den ersten Aklt, die Eschung oder „Erwählung“ als Vocation (so z. B.
auch Ord. Fol. 25), und die Patrone liebten es, den von ihnen in Aussicht Genommenen Vo
cationsbriese auszustellen, ehe dieselben ordiniert waren. Das wurde von der Anfsichtsbehörde
getadelt: erst nach der Ordination könne von einer wirklichen Berufung die Rede sein.
Damit setzte sich die oben gekennzeichnete Bedeutung des Wortes durch.
Feddersen, Kirchengeschichte, B. II.