Full text: 1517 - 1721 (2)

Besetzung der Pfarrstellen 
403 
altgermanischen „Eigenkirche““ und des Privatrechts aus: die Pastoren „ihrer“ 
Kirchen gehörten zu ihrem Gesinde und konnten wie dieses halbjährig aufgekündigt 
werden, durften auch nicht vor Gericht mit ihnen stehen. So war es noch 1001 
in Jellenbeke (Krusendorf) dem Pastor in die Vokation gesetzt worden (Klotz, 
Vis. Bericht), ähnlich auch in Neukirchen (Wagrien). Klotz fand 1637 (Vis. 
ber.) in Gettorf, daß die Kirchspielsjunker in die Vokationen ihrer Prediger einen 
Passus hinein gesetzt hatten, daß, wenn diese mit ihnen oder ihren Untersassen 
Mißhelligkeiten hätten, sie dieselben nicht vor die hohe Obrigkeit bringen, sondern 
eine gütliche Verhandlung vor den andern Patronen und Kirchspielsjunkern suchen 
sollten. 
Solcher „wider Gottes geoffenbartes Wort, die Reichs-Constitutiones und 
beschriebene Rechte lauffenden Erorbitantz“ hat die Constitution von 10536 (vgl. 
oben S. 175f.) die kanonische Auffassung entgegengesetzt, daß der Priester ein 
Diener nicht des Patrons, noch der Einzelgemeinde, sondern der Gesamitge 
meinde, der „Kirche“ aAn der Einzelgemeinde und als solcher gegen 
Willkürlichkeiten lokaler Gewalten zu schützen ist. 
Ueberhaupt geht die Tendenz der weiteren kirchenrechtlichen Entwickelung dahin, 
durch geeignete gesetzliche Masinahmen die Qualität der Pfarrbewerber zu ver— 
bessern und alle Willkürlichkeiten bei der Pfarrstellenbesetzung immer besser aus 
zuschalten. Bei aller Langsamkeit dieser Entwickelung und trotz gelegentlicher 
Willkürlichkeiten, welche sich selbst die Hüter der Kirchenordnung, die Fürsten und 
ihre hohen Beamten erlaubt haben, ist solche Bemühung nicht vergeblich gewesen. 
Wir haben nun noch die einzehnen Akteder Pfarrstellenbe 
sertz un g etwas näher anzuschauen. Won den Rechten des Patronates ist bereits 
S. 238 ff., von der Wahl durch die Gemeinde S. 246 ff. gehandelt worden. 
Wir haben jetzt noch zu reden von den Prüfungen, der Ordination und der 
Introduktion. 
5. Die Examina. 
Wenn es ein Hauptfehler der alten Kirche war, daß für die wissenschaftliche 
Bildung der Priester nicht genügend gesorgt wurde, und namentlich die gewöhn. 
lichen Landgeistlichen sich meistens einer traurigen Unwissenheit erfreuten, so war 
es demgegenüber von vornherein das Bestreben der neuen Kirche, für genügende 
wissenschaftliche Qualifikation aller, auch der ländlichen Priester zu sorgen. Nach 
der Reformation blieben allerdings zunächst auch höchst ungebildete Priester im 
Amte, wenn sie sich nur der neuen Kirchenordnung unterwarfen und die neue Lehre 
wenigstens äußerlich annahmen. Und auch von den neu anzustellenden wurde 
nuerst nicht akademische Bildung als conditio sine qua non erfordert — diese 
Forderung ist wohl erst um 16000 allgemein geworden. Aber von vornherein wer— 
den in der reformatorischen Kirche gewisse Prüfungen vorgeschrieben, durch 
welche die praktische und wissenschaftliche Eignung des Bewerbers vor der Ein 
setzung in sein Amt festgestellt werden soll. Schon die KO schreibt ein doppeltes 
Eramen vor, eins durch den Propsten vor der „Eschung“ eines Kirchendieners, 
ind eins durch den Bischof vor der Ordination (S. 51). 
Auch nachdem das Bistum gefallen und demnach die bezüglichen Bestimmungen 
hinfällig geworden waren, blieb es in vielen Fällen bei diesen zwei Prüfun 
gein, nämlich überall, wo der Propst bei der Präsentation mitzuwirken hatte,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.