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B. 2, K. 3, 9 32. Die Geistlichkeit
für die Kirche oder die Priester gestiftet worden waren, der Kirche entfremdet
und allen schönen Versicherungen der KO (S. 80) zum Trotz nicht wieder resti⸗
tuiert worden sind. Die zweite wesentliche Veränderung bestand darin, daß einer—
seits die Aufhebung des Priestercölibates und die den Pfarrern ermöglichte Grün—
dung einer Familie größere Einnahmen erforderten als der unbeweibte Priester
jhrer bedurft hatte, daß aber andererseits durch den Wegfall der Nebenaltäre und
Sondermessen viele Priester entbehrlich wurden. So sind denn die zum Unterhalt
dieser Altarpriester geschenkten Stiftungen (Vikarien, Kommenden) soweit sie
nicht von den Familien der Stifter zurückgezogen wurden oder sonst abhanden ge—
kommen waren, teils zur Erhöhung der Einnahmen des Kirchherren verwandt,
teils zur Unterhaltung eines Kaplans zusammengelegt worden).
Im allgemeinen bestanden die Einkünfte der Geistlichen aus Zehnten und dLie—
ferungen, dem Genuß von Ländereien, Opfern, Stolgebühren und freier Wohnung.
1. Zehuten und Lieferungen.
Bis zur Reformation hatte sich, vielfach umstritten und verweigert, die Abgabe
des Zehnten'“), bzw. Zwanzigsten von Korn und Vieh (Quickzehnten““) auch in
anserem Lande durchgesetzt, und zwar in der Form, daß von dieser Abgabe ein
Drittel an den Bischof, eins an die Parochialkirche und eines an den Kirchherren
entfiel. In der Bestätigung der Privilegien 1833 war von Christian III. im
Bistum Schleswig der Zehnte aufgehoben worden, soweit nicht jemand ein ur—
kundliches Recht darauf nachweisen konnte. Jedoch auf dem Landtag von 1540
wurde die Abgabe für die Kirchen und die Kirchherren wieder bewilligt und in
der KO (S. 79) bestätigt. Während in Reichsdänemark der Bischofszehnte zu
einem Königszehnten ward, blieb er in den Herzogtümern aufgehoben: der ur—
sprüngliche Zehnte (bzw. Zwanzigste) verwandelte sich also in einen Fünfzehnten
(bzw. Dreißigstel). Die Hälfte dieser Abgabe, die für die Kirsch e bestimmt war,
ist, wo dies nicht schon früher geschehen war, schon in der Reformationszeit gegen
feste Kornlieferungen oder oft recht kleine Geldabgaben abgehandelt worden und
blieb nur an wenigen Orten bestehen. Auch die für den Kirchherren be—
stimmte Hälfte bemühten sich die Gemeinden abzuhandeln. Doch wurde dies in
den Aemtern Tondern (15560) und Hadersleben (1575) durch Herzog Hans d. Ä.,
im Amte Flensburg durch Friedrich II. (1574) mittelst energischer Verfügungen
gehindert. In diesen Gegenden sind daher die charakteristischen „Kornsammlun—
gen““, bei denen der Pastor selber an der Spitze der Juraten und Vorsteher sam—
melnd durch die Gemeinde zog, bis in die Neuzeit erhalten geblieben. In Süd—
schleswig und Holstein dagegen ist auch der Predigerzehnte schon früh in bestimmte
Kornquanten oder Geldabgaben verwandelt worden. Doch überall, wo solche bis
in die Neuzeit bestanden, waren sie ein Rest des ursprünglichen Zehnten. Wenn
nicht Reste von ihm, so doch mit ihm verwandt sind andere Natural-—
lieferungen, die in verschiedener Form hier oder dort bestanden (Eier—
) Sehr instruktiv für die Einkünfte der Pfarrstellen, mit welchen die Kirchen der Propstei
Flensburg in die neue Kirchengestalt übergingen, ist ein von Propst Slevert 1538 aufagestelltes
und bei Johannsen II, 105 -119 mitgeteiltes Verzeichnis.
) Vgl die ausführliche Darstellung des mittelalterlichen Jehntenwesens bei J-MII, 240 ff.
Der Quickzehnte wuͤrde nur von dem Kleinvieh (Ferkeln, Gänsen, Schafen, Ziegen u. dgl.)
in natura gegeben, dagegen konnte er bei Kälbern und Füllen durch eine Geldabgabe abgelöst
werden.