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B. 2, K. 3, 9 33. Die Geistlichkeit
derselbe sie übernehmen konnte. Aber diese Fälle, so oft sie vorkamen, waren doch
nicht nach dem Sinne der Obrigkeit. Daher hat man bei uns schon verhältnis,
mäßig früh einen anderen Weg der Versorgung beschritten, nämlich die Errichtung
freier Witwen-Unterstützungskassen. Es scheint, daß auch in dieser
Beziehung der um bessere Ordnungen so außerordentlich verdiente GS Klotz die
Initiative ergriffen hat. Jedenfalls finden wir die Witwenkassen zuerst auf könig—
lichem Gebiet.
Die erste Witwenkasse wurde für das Amt Rendsburg errichtet. Hier war es der
Amtmann Christian Rantzau, der auf eine Anregung des Königs hin tatkräftig vorging. Er
»ersammelte im Jahre 1039 die ganze Priesterschaft und wußte sie zur Errichtung eines
„Witwenfiscus“ zu bestimmen. Er selber stiftete 100 Rthl., die Priester je nach der Größe
hrer Pfründe 150 bis 30 Mk., zusammen 1480 Mk. Es wurde bestimmt, daß jeder bei
Antritt eines Dienstes in drei Terminen 30 bis 200 Mk. einzahlen, ausierdem in jeder Kirche
ziermal jährlich (Weihnachten, Ostern, Pfingsten und Michaelis) ein besonderer Klingbeutel
uimgehen, das so gesammelte Kapital auf Rente gelegt und die Zinsen unter die etwa vor—
»andenen Witwen verteilt werden sollten (Const. VII, 2f.). — Im folgenden Jahre wurde
inter ähnlichen Bedingungen für die Predigerwitwen im Amte Flensburg eine Ver—
jorgungskasse errichtet, wobei verordnet wurde, daß ihre Kapitalien wie andere Kirchengelder
»ei Konkursen die Praeferenz erhalten sollten. (BunIl, 495 ff. — Es folgten andere Grün—
ungen dieser Art, so in Münsterdorf (Const. VIII, 30 - 38), in Südangeln (1080)
i. a. Es scheint, daßf in dieser Beziehung der königliche Teil vor dem fürstlichen durchaus den
Vortritt hatte; jedenfalls berichtet Propst Arnkiel, der im Jahre 10o85 die herzoglichen Kirchen
Holsteins visitierte, auf die Frage, wie der Prediger Witfrauen versorget würden: ex nihilo!
A. St. A. A. XX, 709). Wo sie errichtet worden waren, haben diese Propstei-Witwenkassen
bis zur endlichen besseren Versorgung der Witwen im 19. Jahrhundert sehr segensreich ge—
arbeitet; ihre jährlichen Tagungen bildeten zugleich das materielle Rückgrat für offizielle Zu—
sammenkünfte der Prediger und übernahmen vielfach wie den Namen, so auch die Bedeutung
der alten Priesterkalande: genossenschafthiche Fürsorge, nur daß diese
nicht mehr wie einst bei den unbeweibten Priestern auf das eigene ewige Seelenheil der Ge—
nossen gerichtet war, sondern dem irdischen Wohle der Hinterbliebenen galt.
Diese freien Unterstützungskassen kamen zum Teil auch den unversorgten Pre—
digerwaisen zugute, vom Gnadenjahr dagegen wurde ausdrücklich erklärt, daß es
aur für die Witwen gelte. Ausnahmsweise ist es jedoch, wo die Frau verstorben
war, den hinterlassenen Kindern zugute gekommen.
Manche Kirchspiele, namentlich in Städten, haben dadurch für die Witwen
ihrer Prediger gesorgt, daß sie ein Haus bauten, in dem diese freie Wohnung
hatten.
533. Standesrechte und ⸗pflichten der Kirchendiener.
In einer Zeit, in welcher der Unterschied der Stände noch sehr ernst genommen
wurde und in den mannigfachsten Aeußerlichkeiten zu Tage trat, war es nur natür—
üch, daß die Qualität als besonderer Stand, welche die lutherischen Geistlichen
oon ihren katholischen Vorgängern ererbt hatten, auch besondere Standes-
echte unde-⸗pflichten zur Folage hatte.
1. Die besonderen Rechte (Privilegien) des geistlichen Standes.
In der KO (S. 78) wird den Predigern samt allen anderen Kirchen- und
Schuldienern, Schülern und Studenten ihr althergebrachtes und von allen
Hristlichen Fürsten gehaltenes Privilegium der Freiheit von aller „Be—