A. O. Hoyers über die „Pfaffen“
125
Sie unterhalten sich dann noch darüber, wie gut sie's auf dem Dorfe haben, wo
die meisten nicht lesen können: da können sie machen, was sie wollen, und werden
doch für Gottes Knechte, ja für heilig gehalten.
Vor unsem Vaun forchtt jeder sick /
Veel mehr alsi vör des Bödels strick
So schall menn Buhren brüyen.
So gahn wy deun tosamen /
Schlapen in unser Fruwen Armen
Wy hebbt nu gefüllt de Darmen“
Hott lath unss wol bekamen.
Dieser blutigen Satire folgt der bittere Ernst in einer gewaltigen Straf—
predigt, welche die Verfasserin dem Knechte Gottes, David Joris, in den Mund
legt; literarisch betrachtet eine treffliche Leistung: wie Geißelhiebe klingen die
kurzen Zeilen:
Weh' juw Pastoren,
De't Kaff vör't Koren
Hebben genamen“
Mit juwen lehren
De Schrifft verkehrens,
Wo witll't juw bekamen?
Ma er fleesch stah' gy
In er fell gah gy /
Ehr Melck gydrincken
De woll gynplücken“
De huth affrücken;
Van Jaster gy stincken.
Packt juw gy Apen
Gy Baals Papen /
Gy Hypoeriten /
Gy falsch Propheten
Wol heft juw heten
Dat Molck tho beschiten?
2. Gy dröge Kuhlen
Gyblinde Vlen/
Wölfe un Varen:
De Schap gy biten
Ja, gantz thoriten,
Wo will gy doch fahren?
7. All juw studeren
Vnd mediteren /
Na gelt gy richten;
Den Bueck tho füllen
Na juwen willen /
Dat ist all juw dichten.
10.
O lath juw raden/
Wahr! juw vör schaden
Nun/ nu / by tiden;
Van't beß juw kehret
Dat gud' begehret /
Wiel idt noch heet hüden.
u. s. w.
Aber auch in ihren andern Gedichten finden sich zahlreiche Ausfälle auf
die „Pfaffen“.
Ihr Gesamturteil über sie (S. 237):
Aber ach daß die Fürsten wüsiten
Wie weinig Apostolsche Christen /
Oder rechte Evangelisten /
Man unterm Pfaffen-volcke findt /
Viel kenn ich, die sehr weltlich sind
Vnd in Geistlichen Sachen blind;
Wolcken ohn Wasser / voll von windt
Sonderlich in dem kraftvollen Gedicht „Ekinfältige Wahrheit“
(S. 40— 69) wird ihr weltliches Wesen mit scharfen Strichen gezeichnet: