B. 2, K. 4, 8 35. Der Kultus
Wenn bis dahin der Priester zum Altar gewandt gestanden hatte, kehrt er sich
nun dem Volke zu mit dem Gruße: Dominus vobiscum oder: De Here sy mit
ju!, worauf der Chor oder Küster respondierte: et cum animo tuo oder: un
mit dinem Geiste!
Wieder zum Altar gewandt, las oder sang“) der Priester die Koblekte,
und zwar immer in der Volkssprache, worauf das Volk mit Amen ant—
wortete““). Hierauf wieder zum Volke gekehrt, las oder sang')) der Priester
in der, Volkssprache die Episstel. Der Chor antwortete mit dem Alleluja,
„welcker (nach Luther) ein ewich stemme der Kerchen ys““. Statt des Gra—
duals?) soll ein „aus der Schrift genommener deutscher (dänischer) Psalm
(Choral) gesungen werden oder auch ein Gradual, welches höchstens zwei Verse
hat (letzteres wohl auf lateinisch und nur, wo ein besserer Kirchenchor mitwirkte).
Die Sequenzenund Prosen,d. h. jene Chorlieder, welche man den sich
an das Halleluja anschließenden langen Notenreihen untergelegt hatte, sollten
nach der KO gänzlich unterlassen werden, ausgenommen die bisher sehr beliebten
Sequenzen auf die drei Christusfeste in ihrer deutschen (dänischen) Gestalt: von
Weihnachten bis Lichtmeß (2. Febr.) Grates nunc omnes — Danksegge wy
alle (Walther S. 3); von Ostern bis Pfingsten Victimae paschali — Christ
lach in Dodesbanden (S. 18); zu Pfingsten Veni sancte spiritus — Kum,
hillige Geist, Here Godt (Walther S. 23) *).
Während des Halleluja und des Graduales bzw. des Gemeindegesangs stand
der Priester zum Altare gewandt. Jetzt kehrte er sich wieder zum Volke und las
(sang) nach der Ankündigung Haec sequentia verba ete. auf deutsch (dänisch)
das Evangelium. In der KO nicht erwähnt, geht schon bei Walther wie ebenso
dann bei Olear. der Evangeliumsverlesung eine erneute Salutatio voraus.
Erst bei Olearius findet sich ein liturgischer Abschluß der Verlesung, indem der
Chor singt: Ehre sei dir, Herr.
Wie in der römischen Messe schließt die „VRormesse““ mit dem Bekennt-
* . des Glaubens, aber in neuer Form: der Priester beginnt es, zum
Altar gewandt, mit den Worten: Credo in unum deum, worauf die Gemeinde
das Luthersche Glaubenslied: Wi glöwen all an einen Godt (Walther S. 27)
singt.
Nunmehr bestieg der Priester nach Ablegung der Casula als des eigentlichen
Meßkleides in der Alba (oder auch im bloßen Summar) die Kanzel.
ich In KO und Ord. ist das Lesen der Kollekte angeordnet, dagegen finde ich bei Fabr.,
daß man später das Singen derselben als Regel forderte.
in) Die meisten der in den luth. Kirchen gebrauchten Kollekten sind Uebersetzungen der in
der römischen Kirche üblichen. Doch wurden auch vielfach neu verfaßte gebraucht. Für unser
Land ist bezeugt, daß die in Veit Dietrichs „Agendbüchlein“ dargebotenen Kollekten gebraucht
worden sind. Auch Walther bietet eine Sanmlung von selbstverfertigten „kurzen Seufzern“
äber die Evangelien für alle Sonn- und Festtage dar (vergl. Dedicatio S. 4).
ꝛo) In der KO ist wie in der Ord, allemal vom Lesen dieser Stücke die Rede, bei
Walther dagegen vom Singen; bei Olear. heißt es: lesen o der singen.
2i) Das Gradual ist in der röm. Messe der aus Psalmworten bestehende, vom Chor und
dem Vorsänger responsorisch gesunagene Zwischenaefana zwischen Evistel und Evan⸗
lium.
Das Graduale scheint früh abgekommen zu sein: schon bei Walther ist es nicht mehr
erwähnt. Ebenso das Halleluja. Es bleibt also zwischen Epistel und Evangelium nur der „sich
auf das Evangelium schickende“ (Walther, Olear.) Gemeindegesang.