Full text: 1517 - 1721 (2)

B. 2, K. 4, 8 35. Der Kultus 
Gottorfer Fürstenhofe. P. v. Eitzens Postille von 1592 ist hochdeutsch geschrieben, 
und als Fabricius d. Ae. 1593 als Hilfshofprediger in der Schloßkapelle seine 
Probepredigt hielt, mußte er sie in „meißnischer“ Sprache verrichten (vergl. oben 
S. 155). P. Samuel Meiger in Nortorf hat 1587 sein „Hexenbuch“ platt— 
deutsch abgefaßt, und P. Johannes Strickers in Grube berühmte Komödie: „De 
düdesche Schlömer“ aus dem Jahre 1584 ist ein markantes Beispiel platt— 
deutscher Kultursprache ““). P. Egardus in Nortorf und W. Alardus in Krempe 
haben um 1025 ihre Predigten auf Hochdeutsch veröffentlicht, ohne Frage, um 
ihnen eine weitere Verbreitung zu sichern. Ob sie sie plattdeutsch gehalten haben, 
steht dahin, ist mir aber bei Egardus wahrscheinlich. Immerhin mag schon in 
dieser Zeit in den Städten, wo ja die „gelehrten“ Prediger saßen, öfter hoch— 
deutsch gepredigt worden sein. Jedoch beweist das Walthersche Kerckenbökschen von 
1035, das doch als allgemeine Agende gedacht war, daß damals in der weit über— 
wiegenden Zahl der Gemeinden noch plattdeutsch gepredigt wurde. Aber schon 
31 Jahre später überträgt Adam Olearius Walthers Agende ins Hochdeutsche, 
weil, wie es in der Vorrede heißt, „die meisten Pfarrherren ihre Predigten und 
Gottesdienste nicht in Niedersächsischer, sondern hochdeutscher Sprache verrichten 
... als auch von etlichen Priestern selbst bey ihren Herren Inspektoren darumb 
angehalten worden, daß gegenwärtiges Kirchen-Buch in Hochdeutsch herauß ge— 
geben werden möchte“. Wir dürfen annehmen, daß um 16075 die plattdeutsche 
Predigtsprache in SH völlig erloschen ist. 
Auch bei dieser Umwandlung handelt es sich nicht um gewaltsame Maß— 
nahmen ): auch sie kam ganz von selbst all mählich, und zwar hauptsächlich 
durch die Prediger selber, einmal insofern, als viele hochdeutsche Prediger in unser 
Land kamen, sodann aber dadurch, daß auch die einheimischen Kandidaten auf 
hochdeutschen Universitäten studierten und dort die hochdeutsche Predigt „lernten“; 
daß sie diese Kunst dann vor ihren Gemeinden übten, wurde von den vielfach auch 
aus „Deutschland“ stammenden GGSS und Prödvsten nicht gehindert, und die 
guten, geduldigen Gemeinden ließen sich alles gefallen. 
Der erste Vorstoß zum hochdeutschen Gottesdienst war allemal die hochdeutsche 
Predigt: daß ein Pastor, der plattdeutsch predigen entweder nicht konnte oder 
wollte, einfach hochdeutsch predigte, ohne die Gemeinde oder die Obrigkeit zu 
fragen, war bei der Willkür, die damals herrschte, ein ganz leichtes Unternehmen. 
Anders war es jedoch mit der Sprache des Kirchengesangs und der Liturgie. 
Hierin konnte man nicht von heute auf morgen eine Aenderung treffen, zumal es 
noch keine allgemeinen Gesangbücher gab. So wird denn oft noch lange neben der 
hochdeutschen Predigt plattdeutscher Gesang einhergegangen sein. Aehnliches finden 
wir bis ins 18. Jahrhundert hinein in solchen Gemeinden, wo wechselweise deut— 
scher und dänischer Gottesdienst eingeführt worden war: auch wenn dänisch ge— 
predigt wurde, ward doch in gewohnter Weise auf deutsch gesungen. 
Mit der hochdeutschen Kirchen sprache, ja auch schon vorher kam also die 
hochdeutsche Schriftsprache in unser Land, und die uͤralte, auch als Kultur— 
sprache edle und schöne Sprache unserer niedersächsischen Väter wurde zu einem 
von den „Gebildeten“ verachteten Volksdialekt. Eines Urteils über diesen Vor— 
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20) Zu lesen in den Drucken des V. f. niederdeutsche Sprachforschung (III). 
i) Von einer „gewaltsamen“ Einführung der hochdeutschen Predigtsprache ist mir bisher 
nur ein Fall bekannt geworden: Herzogin Marie Elisabeth befahl 1088 dem Pastor Ingwer 
Petersen (Petraei) in Ostenseld bei Verlust seines Dienstes, hinfort Hochdeutsch zu predigen.
	        
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