Full text: 1517 - 1721 (2)

Die Predigt im Resormationsjahrhundert 
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postille (gl. S. 255), die dänischen die treffliche, frisch, lebendig und volkstümlich 
gehaltene Postille Hans Tausens (1530). 
Wenn wir uns ein Bild von der Art, wie die besseren Theologen 
gepredigt haben, machen wollen, so können wir das aus der einzigen aus 
dem Ende des Reformationsjahrhundert uns überlieferten vollständigen Predigt— 
sammlung entnehmen. Das ist die Postilledes Gottorfer GSPaul 
von Eitzen: „Euangelia der Fest- und Sontage durchs ganze Jahr, mit 
kurzen Postillen einfeltiger Auslegung.“ Schleswig, bei Nic. Wegener, 1591 
Eitzen befolgt die damals übliche und auch von Luther angewandte Lokal— 
methode, d. h. aus dem Terte werden einzelne Punkte (loci) herausgehoben. 
Die einzelnen Punkte (die jedoch zuweilen in einen näheren Zusammenhang ge 
bracht sind) werden daun — nicht etwa durch passende Bilder oder originelle Ge— 
danken, sondern vor allem durch viele Bibelsprüche illustriert. Besondere Reize 
finden sich daher in diesen Predigten nicht, wohl aber herrscht in ihnen ein mild— 
erbaulicher Ton. Auch die nicht fehlende Polemik gegen römische, kalvinistische und 
schwärmerische Irrlehren ist sachlich und milde. Ein lebendiges, freudiges Zeugnis 
von der Kraft des Evangeliums, die Seelen selig zu machen, sucht man bei Eitzen 
vergebens. Wie für seine ganze Zeit, ist auch für ihn das Luthersche Evangelium 
zu einem neuen Gesetz geworden: so sollbhein wir glauben, so sohlen wir leben! 
Immerhin waren seine Predigten in ihrer ruhigen, besonnenen Art wohl geeignet, 
den Predigern als Morbild zu dienen. 
Und als solches sind sie tatsächlich den „ungeschickten Kirchherrn“ in die Hand 
gegeben worden. Unter dem 21. September 1591 erging eine Herzoglich- 
Gottorfische Verfügung, daß die Postille des Oberhofpredigers „umb 
der gemeinen Prediger, auch der Nachkommen willen?) in jeder Kirche verwahrlich 
behalten und von den Pastoren und Kirchendienern, welche sonsten mancherley 
Bücher kauffen nicht vermügen, auch allerhande Schrifte, so zum Theil ver— 
führerische Lehre innehalten, zu lesen gefährlich, ihre Predigten danach zu richten 
gebranucht werden soll“. 
Diese Verfügung ist in mehr als einer Beziehung äußerst bezeichhnend. Sie 
läßt uns nicht nur in die leibliche und geistige Armut vieler Prediger hinein 
schauen, sondern zeigt auch, daß diese von ihren Vorgesetzten nicht entfernt als 
freie Zeugen des Evangeliums, sondern durchaus als unselbständige Werkzeuge zur 
Mitteilung und Erhaltung der reinen Kirchenlehre angesehen wurden. 
Daß in unserem Lande weithin in der Art Eitzens gepredigt wurde, ergibt sich 
aus einigen aus Norderdithmarschen stammenden plattdeutschen Pre— 
digten vom Jahre 1583, welche mir handschriftlich (aus dem Gottorfer 
Archiv) vorgelegen haben. Es handelt sich bei ihnen offenbar um eine Art von 
Probepredigten, welche drei norderdithmarscher Prediger, die zum Propstenamt 
designiert waren, der Regierung eingereicht hatten, also um sorgfältig gearbeitete 
Produkte „besserer“ Pastoren. Trotzdem machen sie einen recht unbedeutenden 
Eindruck. Sie bestehen eigentlich nur aus einem Mosaik von unendlich vielen 
Bibelsprüchen. 
Diese Art, ohne eigene Gedanken und illustrierende Bilder und Beispiele rein 
in Bibelsprüchen zu predigen, must damals verbreitet gewesen sein. So 
merkwürdig sie uns vorkommt, ist doch zu ihrem Lobe zu sagen, daß sie in einer 
2) Also um auch die „liebe Posteritat“ bei der rechten Lehre zu erhalten.
	        
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