Kirchenliederdichter
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Perlen evangelischer Liederdichtung, Gesänge, die bis heute wohl in keinem Ge—
sangbuch fehlen, haben doch nur zwei Schles wig-Holsteiner in unserer
Periode geschaffen, Johann Rist und Laurentius Laurentii.
Johann Rist ist als Sohn des aus Nördlingen stammenden Pastors zu
Ottensen (f 16260) Caspar Rist am 8. März 16007 geboren. In Hamburg und
Bremen auf Schulen, hat er vor⸗
wiegend in Rinteln studiert und
ist von 1035 bis an sein Lebens—
ende (31. August 1007) Pastor
im Bauerndorf Wedel gewesen.
Er ist bekanntlich nicht nur als
geistlicher, sondern auch als welt—
licher Dichter seiner Zeit hochbe—
rühmt gewesen ). Es ist erstaun—
lich, in welchem Maße dieser
Mann die Bewunderung und Ver—
ehrung seiner Zeit gefunden hat:
den Ruhm seines Meisters Opitz
hat er nicht nur erreicht, sondern
sals Produzent) sogar übertroffen.
Die literarische Welt hat ihn als
„den Fürsten der Dichter“ geprie—
sen, die Großen der Erde haben
'hn mit Ehren überhäuft““)). Er
war nicht nur unter dem Namen
„der Rüstige“ ein hochverehrtes
Mitglied jener großen und um die
Förderung der deutschen Schrift—
sprache nicht unverdienten literari—
schen Gesellschaft, der „Frucht—
bringenden Gesellschaft“, sondern
gründete selber zur Förderung der gleichen Ziele in unserm Norden den „Elb—
schwanenorden“, der nach seinem Tode allerdings bald erloschen ist. Von weltlichen
und „gelehrten“ Größen seiner Zeit vielfach besucht, war das sonst nur als Durch-
zangsplatz fetter Ochsen aus Dänemark und den Herzogtümern nach „Deutsch-
land“ und durch seinen Roland berühmte Wedel das „Weimar seiner Zeit“. Spä—
ter hat man unsern Landsmann desto herber verurteilt. Mit Unrecht. Als Dichter
*n) Deshalb findet man seinen Namen in allen größeren deutschen Literaturgeschichten. Als
.h. Schriften über ihn sind vor allen zu nennen: die ausführliche Darstellung Mollers
IJ, 546- 554); hier auch S. 551—53 ein vollständiges Verzeichnis seiner unendlich vielen
Schriften. Ferner von Dr. Theodor Hansen, — 1903, bis 18960 Pastor zu Leezen:
Johann Rist und seine Zeit. Aus den Quellen dargestellt. Halle 1872. Endlich aus neuerer
Zeit die sehr hübsche Würdigung des Mannes von Dr. Rudolf Bünte, „Johann Rist“,
im Jahrbuch für den Kreis Pinneberg, 5. Jahrg. Etmshorn 1921, S. 17273. — Eine
reichhaltige Sammlung von Schriften über und von Rist beherbergt unsere Landesbibliothek.
u) Die grösite Ehrung erfuhr er von der Kaiserlichen Majestät, indem er nicht nur 1044
sum „lorbeergekrönten Poeten“, sondern 1653 sogar zum „Kaiserlichen Pfalzgrafen“ ernannt
und geadelt wurde. Als Pfalzgraf genosi er das nicht unbedenkliche Privilegium, seinerseits
nicht nur gekrönte Poeten, sondern auch mit derselben Wirkung wie die Fakultäten anerkannter