Full text: 1517 - 1721 (2)

B. 2, K. 4, 8 38. Priesterliche Verrichtungen 
der Eingangsakt im Kirchenraum vor sich ging, allem Anschein nach vor dem 
Altar. 
Die Handlung begann mit der Frage, ob das Kind nicht etwa schon in der 
Not getauft sei. Wenn diese Frage glaubwürdig verneint war, so hielt der Pastor 
zunächst eine erweckliche Ansprache über den Wert der Taufe. Dann erfolgte der 
er ste (kleine) Exorzismus: „Fahre ut, du unreine Geist, und giff 
Ruum dem hilligen Geiste!“ Der Täufer machte an Stirn und Brust des Täuf— 
lings das Zeichen des Kreuzes)) und sprach: „Nim hen dat Teken des 
hilligen Crützes, beyde an dat Vorhövet unde an de Vorst.“ Es folgte das schöne 
Gebet für das Kind, das wir in unserm liturgischen Handbuch von 1898 S. 3 
finden, und darauf das ebendort zur Auswahl gegebene merkwürdige, gekünstelt— 
typologische sog. Sintflutgebet?“). Nunmehr erfolgte der zweite (sog. 
große) Exorzismus: „Ick beschwere di, du unreine Geist, bi dem Namen des 
Vaders — und des Söhns 4 und des hilligen Geistes F dat du utfahrest und 
wikest van dissem Dener (disser Denerinnen) Jesu Christi N. N. Amen!“ Nach 
Verlesung von Mark. 10, 13—-16, legt der Täufer die rechte Hand auf 
das Kind und betet das Vaterunser. 
Nunmehr leitet er das Kind zum Taufstein und spricht: „De Here beware 
dinen Ingang und Utgang van nu an bet to ewigen Tiden. Amen!“ Es folgt die 
sog. Abrenuntiation: „N. N. Entseggst du dem Düwel? Unde allen sinen 
Werken? Unde allem sinem Wesende?“ Das Kind antwortet durch die Gevattern 
dreimal Ja. Auf die dreifache Glaubensfrage nach dem Apostolikum 
(„Gelövestu an Godt den Wader usw.“) wieder ein dreimaliges Ja des Kindes 
durch die Gevattern. Endlich die Tauffrage: „Wultu gedöfft syn?“, und 
auf die Bejahung die eigentlhiche Taufe: „Und ick döpe dy im Namen 
des Vaders / unde des Söhns unde des hilligen Geistes“).“ Schluß-— 
votum: „De Allmechtige Godt und Vader unses HEren Jesu Christin de 
dy anderwerts gebahren hefft dorch das Water und den hilligen Geist / unde hefft 
dy alle dyne Sünde vorgeven /de stercke dy mit syner Gnade thom ewigen 
Levende. Amen. Frede sy mit dy. Amen! Amen!“ Es folgte, sollte jedenfalls nach 
der KO folgen eine Ansprache an die Gevattern über ihre Pflichten. 
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) Das war die einzige von den vielen symbolischen Handlungen des katholischen Ritus, 
welche Luther endgültig beibehalten hatte. In dem Taufbüchlein von 1523 (W. A. 12, 38 ff.) 
finden wir außerdem noch das Anblasen unter den Augen, das Legen von Salz in den 
Mund, das Anrühren des rechten Ohrs, der Nase und des linken Ohrs mit Speichel, sowie 
auch eine förmliche Anrede an den Teufel im Anschluß an das Sintflutgebet. 
6) Man weiß noch immer nicht recht, woher eigentlich Luther das genommen hat. Vgl. 
Rietschel II, S. 607 f. 
60) Wie das eigentliche „Wasserbad“ während unserer Periode in unserm Lande mehr oder 
minder allgemein vollzogen wurde, ob nach dem Wittenberger Ritus (Mich. S. 255) — das 
Kind wird durch Ausziehen des „Westerhemdes“ völlig entblößt und ihm mit einem Kännchen 
oder der Hand dreimal Wasser über den Kopf und den Rücken gegossen — oder nach dem 
schon von Bugenhagen übel vermerkten Hamburger Brauch — man entblößte nur den Kopf 
durch Abnahme der Taufhaube und benetzte diesen dreimal — ist nach dem Quellenbefund 
nicht zu entscheiden. Für ersteres spricht die Vorschrift der KO S. 41, daß man die Kinder 
„van ehren Kleedern entblöten und dremal mit Water auergeten““, und daß der Küster bei 
Winterszeiten warmes Wasser „in einem Becken“ bereithalten sollte. („Wente de Döpe ys 
thom Heyle vnde nicht thom vordarue der Kinder verordent.“) Fürs letztere die flachen Becken, 
die mit der Zeit in den ursprünglich leeren Taufstein gesetzt wurden — diese kamen erst mit 
der Einführung der Besprengungstaufe in Gebrauch ( KO S. 41 Anm.).
	        
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