480 B. 2, K. 4, 8 38. Priesterliche Verrichtungen
Verse aus dem Liede: „Christ, unser Herr, zum Jordan kam“ gesungen worden
zu sein (Fabr.).
Uralte Sitte war es, die Kinder (womöglich) innerhalb drei Tagen nach der
Geburt zu taufen. Nachdem die PO von 1630 geboten hatte, spätestens am
vierten Tage zu taufen, kamen auch an Wochentagen Kirchtaufen vor, „wie wohl
die Frauen sich ungern dazu finden liesien“ (Fabr.).
Die Nottaufe war durchaus erlaubt; es war sogar (KO 65) eine beson—
dere Anweisung dafür gegeben. Danach sollte die Bademöme (Hebamme) samt
anderen anwesenden gottesfürchtigen Frauen das Kind Gott befehlen mit solchen
oder ähnlichen Worten: „Here Jesu Christe, dit Kind bringe wi för di na dinem
worde, und bidden, du willest idt van uns annehmen, ock Christen sien laten“,
oder ganz kurz: „Here Jesu, nim dit Kind an!“ Danach die Taufformel.
Ergab sich, wenn ein Kind in die Kirche gebracht wurde, daß es schon in dieser
Weise getauft war, dann sollte der Priester unter keinen Umständen neu taufen,
sondern lediglich eine Bestätigung der geschehenen Taufe vor—
nehmen, die nach der KO folgende Form haben sollte: Der Priester liest über dem
Kinde den Glauben (das Apostolicum), das Vaterunser und das Evangelium
Markus (10, 13— 16). Danach spricht er zu den Umstehenden, zu denen neben
den Gevattern namentlich auch die Eltern gehören sollten: „Bröder, dit Kindt
is nu gedöfft und hefft den hilligen Geist, ock Vergewinge der Sünden entfangen.
Darummme wille wi dat Kindt nich noch eenmal döpen, dat wi den hilligen Geist
nicht hohnspotten. Des werde ji alle und besonderliken ji tügen“) — darto ge—
fordert — (ge⸗)ständig sien unde danken Gade dem Heren, dat he dat kindt in
siene Gnade dörch Christum angenahmen hefft.“ Dann sagt er zum Kinde: „De
Here bewahre dinen ingang unde utgang van nu an wente in ewicheit, Amen.“
Darauf das oben angegebene Schlußgebet der Taufe und endlich eine Ansprache
an die Gevattern über ihre Pflichten.
Uralte Taufsitte war auch die Dreizahl der Gevattern. Nach der Re—
formation jedoch begann man vielfach aus weltlichen Gründen (bei den Vor—
nehmen aus Protzigkeit, bei den Geringen, um mehr Gevatterngeschenke zu er—
langen) die Zahl der Gevattern zu erhöhen, mitunter zu einer phantastischen
Zahl (24 und mehr!). Gegen diese Unsitte schritt die geistlich-weltliche Obrigkeit
mit strengen Verboten und dem Erfolge ein, daß die Dreizahl wieder zur un—
bestrittenen Sitte wurde.
2. Beichte und Absolution (Entlösinge).
Diese aus zwei Stücken, nämlich dem Bekenntnis des Sünders und der
unter Handauflegung vom Priester in göttlicher Vollmacht ausgesprochenen
Lossprechung von der Sündenschuld und Strafe (Absolutio) bestehende
heilige Handlung ist historisch nichts anderes als das von Luther in verkürzter und
erleichterter Form beibehaltene Sakrament der Buße. Sie ist späterhin für ge—
wöhnlich nach dem ersten Teil als Beichte bezeichnet worden; ursprünglich
aber und so auch in unserer KO wurde sie nach dem zweiten Stück benannt, also
als Absolution. Und das mit größerem Rechte. Denn in der Lossprechung
m) In der KO fehlt das „ji“. Diese Auslassung beruht offenbar rein auf einem Druch—
sehler. In der Ord. heißt es deutlich: id quod vos testes in primis testabimini,