Full text: 1517 - 1721 (2)

B. 2, K. 4, 8 39. Katechetische Tätigkeit 
auf das Erscheinen der Herrschaften warten mußte, mit Katechismusunterricht. 
Etliche Pastoren hatten sich besondere Fragestücke ausgearbeitet), die sie jeden 
Sonntag von der Kanzel verlasen. Das war wider die KO und wurde vom 
Superintendenten getadelt: er wünschte sehr, daß in solchen Fragestücken allge— 
meine Gleichheit angestrebt werde, damit die Leute im ganzen Lande auf einerlei 
Fragen einerlei Antwort zu geben wüßten — ein Wunsch, der später in den 
exponierten Landeskatechismen erfüllt wurde. 
3. Das Katechismusexamen. 
Welche Früchte der im Vorsprechen und Predigen des Katechismus bestehende, 
also rein akroamatische Religionsunterricht bei den erwachsenen „Zuhörern“ hatte, 
konnte von den Pastoren in der Beichte, von den Kirchenaufsehern bei den Visi— 
tationen festgestellt werden. Sie erwiesen sich im allgemeinen als wenig erfreulich. 
Manche Pastoren beruhigten sich dabei, daß „die Bauern doch nichts wüßten“ 
(Fabr.). Aber den treueren unter ihnen, den Visitatoren und den für „das zeit— 
liche Wohlergehen und ewige Wohlfahrt ihrer gehorsamen und getreuen Unter— 
thanen“ sich verantwortlich fühlenden Fürsten lag die Sache doch auf dem Ge— 
wissen. Man sann daher auf Besserung und kam dabei auf den Gedanken, das 
erotematische Verfahren, das in der Schule neben dem akroamatischen erfolgreich 
angewendet wurde, auch auf den Unterricht der Erwachsenen anzuwenden. Der 
Erfolg war die obrigkeitliche Anordnung des Examen Catechismi publicum 
(im Gegensatze zu dem privatum, das in der Beichte getrieben wurde), also 
einer Einrichtung, durch welche die Kirche vollends zur Schule wurde. 
In der gemeinschafthichen Verordnung wegen der Gottesfurcht 
und etlicher politischer Punkte d. d. Gottorf den 14. December 16023 
verfügten Christian IV. und Herzog Friedrich III. u. a. folgendes (C. R. H. J, 
p. 2460): 
„Hierumb ist Unser befehlender Will, daß alle und jede Pfarherren in den Städten und 
Doörffern nicht allein den Eatechismum fleißig predigen, sondern auch nach geendigter Predigt 
am Sonntag, ja wohl auch am Mittwochen, die Zuhörer eraminiren, sie darauf weiter infor⸗ 
miren, selbige Zuhörer auch, beyde Alte und Junge, sich wie bey andern, also auch den 
Catechismi-Predigten gerne bereit finden lassen, dem Examini catechetico gutwillig unter⸗ 
werjfen, auff der Seelsorger und Prediger Frage antworten, deren Information zu Herzen 
fassen, und sich nicht desselben entseben, oder deshalber zu groß 
archten sohlen; immaßen dann dieselbe zu ihrer Seelen Seligkeit und ewiger Wohlfahrt 
swelche je einem jeqlichen Menschen das Allerliebste seyn soll) gereichen tut.“ 
Diese so recht vom grünen Tische aus ohne Verständnis für die Psyche der 
Untertanen entworfene Verfügung ward für die Pastoren zu einer rechten Crux. 
So willig die getreuen Untertanen auch sonst zum Gehorsam gegen die An— 
ordnungen der gottgegebenen Obrigkeit waren — vor allen Leuten verhört und 
womöglich wegen ungenügender Antwort vom Pastor getadelt und von den Ge— 
nossen verlacht, überhaupt so völlig als unmündig behandelt zu werden, das ging 
doch selbst den einfachsten Leuten. auf dem Lande wider den Strich. Vollends die 
2) Solche selbstgemachte Fragestücke sind uns erhalten in den 28 Fragen, die Pastor 
Moördhorst inSiesebye am Ende des 160. Jahrhunderts jeden Sonntag nach der 
Predigt seiner Gemeinde vorlas, und die nach seiner Aussage viel Segen gestiftet haben. 
Vgl. Jahrbb. d. V. f. niederdeutsche Sprachforschung VIII, 1882, S. 25-27. Mit ihren 
genauen Ausführungen über die Trinität und die Person Christi bieten sie eine kleine platt⸗ 
deutsche Doqmatik dar.
	        
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