Reformation in Husum
der Vikare ihm die Kirche verschlosi, stellte der reiche Kaufherr Matthies
Kunutzen) ihm den Pesel seines in der Süderstraße belegenen Hauses zur Ver—
fügung. Da aber die Gemeinde der Neugläubigen größer ward, predigte er ihr,
»on einer bewaffneten Bürgerschar hin- und heimgeleitet, unter der grosßen Linde
zu Süden der Kirche. Verhältnis—
mäßig rasch und ohne Eingriff von
—VV
evangelische Bewegung durch. Be—
reits 1527 konnte die Bürgerschaft
mit den Vikaren einen später vom
König-Herzog bestätigten Vertrag
schliesen (Krafft S. 104 u. 105),
welcher besagte: die Geistlichen
unterlassen fortan gänzlich ihre
Messen, Vigilien und Seelmessen,
behalten dagegen für ihre Lebens
eit ihre Einkünfte von den WMika—
rien, Memoiren usw. Nach ihrem
Tode sollen diese den Armen zu—
fallen, doch sollen auch Schulmei
ster und Küster daran teilhaben.
Wollen die Geistlichen dennoch
Messe halten, so sollen und dürfen
ie evangelische Messen halten, doch
ohne dazu genötigt zu sein. Das
Franziskanerkloster wurde von sei—
nen Insassen freiwillig verlassen
und zu einem Armenhospital umge—
wandelt'). Seit 1527 spätestens
wird der öffentliche Gottesdienst
nach dem Muster von Luthers deutscher Messe (1526) gehalten worden sein. So
hat sich in Husum die Reformation in mustergültiger Weise, in organischer Ent
wicklung, ohne Gewaltsamkeiten durchgesetzt).
HERMANNTAST
) Er war später Ratmann in Kiel und wirkte auch dort für die Reformation, f 1559.
Bildnisse von ihm und seiner Frau in Mon, ined. IV, 3350.
) Ja, man darf sagen unter den Augen des Landesherrn und seiner wohlwollenden Förderung.
Friedrich J.skam nämlich sehr häufig nach Husum, da dort zwei aus morganatischer Ehe stam-
mende, an wohlhabende Bürger verheiratete Töchter von ihm wohnten. Der König selber hob
15260 den von ihm einst gestifteten Messedienst in der Heilig-Kreuz-Kapelle auf und überwies
deren Einkünfte dem St. Jürgenshospital.
7) Das Kloster stand dort, wo jetzt das Schloß steht. Als dieses gebaut wurde, ward bas
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) Von Hermann Tast werden wir später noch mehr hören. Es ist schade, daß wir von
tiesem Manne, der bei der Reformation unseres Landes eine so große Rolle gespielt hat, gar
leine literarische Hinterlassenschhaft haben. Die einzige von ihm bewahrte Handichrift (Rigs
arkiv Kph.) betrifft eine eherechtliche Frage und ist von einer Trockenheit des Tones, die aller⸗
dings der behandelten Sache entspricht, bei der man sich aber keine Vorstellung davon machen
dann, wie derselbe Mann aufrüttelnde Predigten hat halten können (abgedruckt Ny KS 1,
512 ii.). Tast, der sich zuerst in die Priesterehe nicht recht finden konnte, hat doch schliesilich
(1532). seine Köchin Gardrut geheiratet und noch fünf Kinder mit ihr gehabt. Ein Sohn,
Hermanng “ 16010, war Pastor zu Bopsee auf dem Mordstrande, ein zweiter, Jo⸗
hannes, ist in Riga „unschuldigerweise geköpft worden“ (Krafft S. 110).