Full text: 1517 - 1721 (2)

Reformation in Husum 
der Vikare ihm die Kirche verschlosi, stellte der reiche Kaufherr Matthies 
Kunutzen) ihm den Pesel seines in der Süderstraße belegenen Hauses zur Ver— 
fügung. Da aber die Gemeinde der Neugläubigen größer ward, predigte er ihr, 
»on einer bewaffneten Bürgerschar hin- und heimgeleitet, unter der grosßen Linde 
zu Süden der Kirche. Verhältnis— 
mäßig rasch und ohne Eingriff von 
—VV 
evangelische Bewegung durch. Be— 
reits 1527 konnte die Bürgerschaft 
mit den Vikaren einen später vom 
König-Herzog bestätigten Vertrag 
schliesen (Krafft S. 104 u. 105), 
welcher besagte: die Geistlichen 
unterlassen fortan gänzlich ihre 
Messen, Vigilien und Seelmessen, 
behalten dagegen für ihre Lebens 
eit ihre Einkünfte von den WMika— 
rien, Memoiren usw. Nach ihrem 
Tode sollen diese den Armen zu— 
fallen, doch sollen auch Schulmei 
ster und Küster daran teilhaben. 
Wollen die Geistlichen dennoch 
Messe halten, so sollen und dürfen 
ie evangelische Messen halten, doch 
ohne dazu genötigt zu sein. Das 
Franziskanerkloster wurde von sei— 
nen Insassen freiwillig verlassen 
und zu einem Armenhospital umge— 
wandelt'). Seit 1527 spätestens 
wird der öffentliche Gottesdienst 
nach dem Muster von Luthers deutscher Messe (1526) gehalten worden sein. So 
hat sich in Husum die Reformation in mustergültiger Weise, in organischer Ent 
wicklung, ohne Gewaltsamkeiten durchgesetzt). 
HERMANNTAST 
) Er war später Ratmann in Kiel und wirkte auch dort für die Reformation, f 1559. 
Bildnisse von ihm und seiner Frau in Mon, ined. IV, 3350. 
) Ja, man darf sagen unter den Augen des Landesherrn und seiner wohlwollenden Förderung. 
Friedrich J.skam nämlich sehr häufig nach Husum, da dort zwei aus morganatischer Ehe stam- 
mende, an wohlhabende Bürger verheiratete Töchter von ihm wohnten. Der König selber hob 
15260 den von ihm einst gestifteten Messedienst in der Heilig-Kreuz-Kapelle auf und überwies 
deren Einkünfte dem St. Jürgenshospital. 
7) Das Kloster stand dort, wo jetzt das Schloß steht. Als dieses gebaut wurde, ward bas 
— 
) Von Hermann Tast werden wir später noch mehr hören. Es ist schade, daß wir von 
tiesem Manne, der bei der Reformation unseres Landes eine so große Rolle gespielt hat, gar 
leine literarische Hinterlassenschhaft haben. Die einzige von ihm bewahrte Handichrift (Rigs 
arkiv Kph.) betrifft eine eherechtliche Frage und ist von einer Trockenheit des Tones, die aller⸗ 
dings der behandelten Sache entspricht, bei der man sich aber keine Vorstellung davon machen 
dann, wie derselbe Mann aufrüttelnde Predigten hat halten können (abgedruckt Ny KS 1, 
512 ii.). Tast, der sich zuerst in die Priesterehe nicht recht finden konnte, hat doch schliesilich 
(1532). seine Köchin Gardrut geheiratet und noch fünf Kinder mit ihr gehabt. Ein Sohn, 
Hermanng “ 16010, war Pastor zu Bopsee auf dem Mordstrande, ein zweiter, Jo⸗ 
hannes, ist in Riga „unschuldigerweise geköpft worden“ (Krafft S. 110).
	        
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