Katechismusunterricht
selbstbewußten Bürger in den Städten hielten sich trotz der väterlichen Er—
mahnung der Fürsten für viel zu gut, sich dem Examen zu unterwerfen. Es gab
zwar keine Revolte, aber einen zähen passiven Widerstand.
So berichtet Fabr. 1639 vom Pastor zu Neukirchen in Ostholstein: Zum examen
publicum kann er seine Zuhörer nicht bringen, weder auf eine, noch auf andere Weise. Von
Brodersby heißt es: Als Pastor auf des Superintendenten Ermahnung mit dem
examen catech,. angefangen, ist er im Namen des Kirchspiels gebeten worden, die Alten
damit zu verschonen. In Lebrade lehnen die Leute ein öffentliches Examen vor der ganzen
Gemeinde ab: sie wollen, wie sie sagen, für allen und jedermänniglichen in der Kirche, wenn
sie nicht eben recht antworten, nicht beschimpfet werden.
Die passive Resistenz zeigte sich nicht zum wenigsten gerade bei den Visitationen.
Schon weil mit ihnen ein öffentliches Examen durch den Visitator verbunden
war, hielten die Erwachsenen sich vielfach von ihnen zurück und schickten nur ihre
Kinder und Gesinde. Auch die Mittwochsgottesdienste wurden nicht zum wenigsten
aus dem Grunde von Erwachsenen schlecht besucht, weil mit der Katechismus—
predigt meistens ein Examen verbunden war.
Bei dieser Sachlage war es natürlich, daß auch viele Prediger passive Resistenz
übten, indem sie trotz aller Mahnungen das examen publicum einfach unter—
ließsen und sich mit dem privatum in der Beichte begnügten. Die eifrigeren
Pastoren ersannen alle möglichen Methoden, wie sie die Leute zu fassen kriegen
könnten. Manche hielten bei den Beichten, wenn mehr Leute da waren, vor der
Privatabsolution ein allgemeines Examen im Chor. Andere teilten ihre Gemeinde
nach Bauerschaften ein und hielten mit diesen nach geendetem Gottesdienst
Examen, weil sie sich sagten, daß die Leute in der kleinen unter sich bekannten
Schar weniger als vor der ganzen Kirchgemeinde sich genieren würden. In
Lütjenburg hatten die Prediger des „Städtleins“ dasselbe in acht Nachbarschaften
eingeteilt, die einen Sonntag nach dem andern „drankamen““. Ein Prediger be—
zeichnete an e in emm Sonntag von der Kanzel aus die Leute, die er am mäch-
steen Sonntag zum Examen dabehalten werde. Der junge Pastor in Lensahn
fuhr am Sonntagnachmittag in die Dörfer und ließ die Leute im Hause des
Bauernvogts zusammenkommen, um sie dort zu verhören.
So wurde jene Bestimmung, daß an jedem Predigttage mit der ge—
samten Gemeinde Examen abgehalten werden sollte, so gut wie nirgend durch—
geführt. Es blieb zwar bei der Forderung eines examen publicum — in dieser
Beziehung wurden immer neue Verfügungen erlassen —, tatsächlich aber be
schränkte es sich infolge des passiven Widerstandes der Erwachsenen immer aus—
schließlicher auf die Kinder und die jungen Leute. Also auch dieser Versuch, die
religiöse Erkenntnis der Alten zu heben, blieb ein Schlag ins Wasser. Damit
kommen wir zu einem abschließenden
Wir können uns nach dem bisher Mitgeteilten schon denken, daß seine Resul—
tate äußerst gering waren. Auch in dieser Beziehung geben uns die Visitations—
berichte Fabricius d. J., die im Gegensatze zu der trockenen Kürze anderer der—
gleichen höchst lebendig und anschaulich sind, einige bezeichnende Bilder. Je freu—
diger er das geringste Lobenswerte anerkennt, desto schwerer wiegen seine Urteile
über die Mängel. Wenn einmal etwas gutes zu berichten war, so wird das mit
4. Urteil über den Erwachsenenunterricht.