Full text: 1517 - 1721 (2)

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B. 2, K. 4, 8 39. Katechetische Tätigkeit 
grosier Freude verzeichnet. Aber zu solcher Freude hatte der Superintendent, was 
wenigstens die Erwachsenen betraf, nur in seltenen Fällen Anlaß. 
Von Sieseby berichtet er: Ziemlicher prosectus war bei den Zuhörern insgemein zu 
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Bibel gelesen, da sie aus dem Evangelium des 12. S. n. Tr. gefraget ward, wie die Leute 
gesprochen, da Christus den stummen und tauben Menschen gesund gemachet, auf Latein und 
Deutsch zugleich geantwortet: bene omnia kfecit, Er hat alles woll gemachet. — Von 
Selent heißt es: Bey der Visitation waren sie (die Schulkinder) mit Haufen, beteten 
sein ihren Catlechismum, die Psalmen Davids, Lutheri und dergleichen ete. langsamb und 
deutlich, das es mit Lust zu hören war, doch etliche auch geschwind, die zu langsamen, deut⸗ 
lichen Aussprechen ermahnet worden. Die Alten aber, die zur Schulen nicht gegangen, beteten 
den Catechismum zerstümmelt und zerbrochen, wie sie pflegen, nur nach der Larve, ohn allen 
Verstand, wovon sie nicht abzubringen sein, man blewe und jewe ihn für, wie man will. — 
Von Lütjenburg heißt es: In visitatione sein die Leute mehrstentheils sehr rudes be— 
funden, der Catechismus und andere Gebete und Fragestücke müssen sich sehr stümmeln lassen; 
Hätte man protocolliren sollen, würde man Wunderding gelesen haben. Was sie antworten, 
ist oft weder gehauen noch gestochen, das gar keinen sensum hat, und weder sie selbst noch 
andere verstehen können. Ein einiger war vorhanden, eines Küsters Sohn von Sühnen (7), 
unter Hertzogen Joachims Ernstens Gebiete gebürtig, seines Handwerks ein Weber, der sehr 
quten Bescheid in allem gab, und Gottes Worte fleistig gelesen, gehöret und von Jugend auf 
gelernet hat, der war gewißlich unus istar omnium in hoc coetu. 
Ja, weiße Raben waren jene Küstersfrau und dieser Küsterssohn. Die Resul— 
tate des Erwachsenenunterrichts namentlich auf dem platten Lande waren kläglich. 
Und das trotz aller zum Teil fast rührend anmutenden Anstrengungen seitens des 
Pastors und des Superintendenten. 
In einem Bericht aus Propsteierhagen heißt es: 
Hans Rühle, „der vor diesem von seinem Christenthum nichts wußte, laut voriger Re— 
lation, und das Vater unser nicht beten kunnte, hat nun, Gott Lob, das Vater unser beten 
gelernt, kann auch auf die einfältigen Christenthumbsfragen antworten und seine Beichte 
tolerabiliter thun. Pastor ist mit ihm zufrieden, hält dafür, daß wohl Einfältigkeit und 
Albernheit — das Wort hat noch keinen üblen Sinn — mit unterlaufe, damit man Geduld 
haben müßte; man hoffe immer das Beste. 
Schon diese mangelhaften Resultate, verbunden mit dem durchaus verständ— 
lichen und auf einem ganz gesunden Volksempfinden beruhenden passiven Wider— 
stand, hätten die Maßgebenden darüber belehren müssen, daß die Erwachsenen⸗ 
katechese ein verfehltes Unternehmen war. Es wäre besser gewesen, wenn man sich 
zur religiösen Belehrung der Erwachsenen auf die Katechismuspredigt beschränkt 
hätte: diese konnte, wenn sie recht pppulär angelegt wurde, in der Tat von großem 
Segen sein. Es lag aber auch ein organischer Fehler vor. War es denn über— 
haupt nötig, den alten einfachen Leuten den Wortlaut des Katechismus mit Ge— 
walt einzudrillen? War es evangelisch, war es dem wahren Christentum ent— 
sprechend, das wörtliche Herbetenkönnen der Katechismusworte in dem Beicht— 
rramen zur Bedingung des Abendmahlsempfanges zu machen“)? Zu solcher 
Fragestellung sich aufzuschwingen, war die Kirche, solange die ungebrochene Ortho— 
doxie herrschte, nicht fähig: ihr gesetzlicher Charakter und das stark intellek⸗ 
ualistische Moment, das ihr von Anfang an anhaftete, hinderte sie daran. 
Immerhin: auch schon in der orthodoxen Periode brach sich die Einsicht Bahn, 
daß man für die religiöse Belehrung des Kirchenvolkes bessere Wege suchen müsse. 
Es ist das besondere Verdienst des in der Regel als blind-orthodox verurteilten 
5) Vergl. das oben S. 482 f. Gesagte.
	        
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