Schleswig, Herzogtum Holstein
j
evangelischen Prediger, der den „tollen Friedrich“ als Kaplan annahm. Da dieser
aber nicht nur gegen die Geistlichkeit predigte, sondern in heftigster Weise auch gegen
den Kanzler Uthenhofen loszog, ward er schließlich vom König des Landes ver—
wiesen. Schuldorp konnte nunmehr in der gut lutherischen, der Obrigkeit freund—
lichen Weise das Evangelium verkündigen, und tat es mit größtem Eifer, starb aber
schon 152910),. Sein Nachfolger wurde der Westfale Reinholt Wester—
holt“).
Inzwischen aber hatte es sich auch im Herzogtum Holstein geregt. Von
freier evangelischer Predigt hören wir hier zuerst außer in Dithmarschen (s. unten)
in den Elbmarschen.
In Krempe soll der Pfarrer Johann Visbeke schon 1522 zur lutherischen
Lehre übergetreten sein“). Er kann jedoch nicht allzuviel gewirkt haben, da er schon
1524 nach Hamburg berufen wurde. Dort hat er sich, „da er sah, daß die Messen
mehr einbrachten als die Predigt“, wiederum zum alten Glauben gekehrt“), ist also
ein „Reformator“, auf den Krempe keineswegs stolz sein kann.
Für Wil ster ist urkundlich bezeugt, daß um 1523 ein (ungenannter) Kirch—
herr in der Osterzeit gegen das Fasten predigte und nach Vertreibung seiner „un—
ehelichen Köchin“ sich mit einer Jungfrau vertraute. Er wurde anscheinend von
altgläubiger Seite sehr heftig bekämpft und mit Vertreibung bedroht. Bürger
meister und Rat setzten sich für ihn ein und baten den Herzog um Schutz. Sie
schrieben dabei, sie hätten nie einen besseren Kirchherrn gehabt, er sei jedoch bereit,
alle Strafe zu erdulden, wenn ihm mit klarer Schrift bewiesen werden könne, daß
an seiner Lehre oder Leben etwas Strafwürdiges sei!“). Von dem Erfolg der Bitt—
schrift wissen wir nichts. Dagegen erfahren wir, daß Johann Sina 1526
„als erster““ das Evangelium in Wilster gepredigt habe und von dort etwa 1527
verjagt sei“). Sina, vielleicht ein vertriebener Niederländer, kam dann als Archi—
diaconus nach Krempe (dort sicher nachzuweisen seit 18534) und blieb dort, bis
er 1546 als Pastor nach Eppendorf kam (f 1547). Vielleicht ist Sina mit jenem
Unbekannten identisch und die Angabe des Wilsterschen Missale (1526) ungenau.
In Itzeehoe soll Johann von Kampen, ein entlaufener Mönch, der
von der Priörin als Prädikant angestellt wurde und sich mit einer früheren Nonne
verheiratete, im Jahre 1525 als erster das Evangelium verkündet haben. Er war
freilich ein sehr abenteuerlicher Geselle. Nach seiner Landesverweisung infolge des
Flensburger Kolloquiums trieb er sich an den verschiedensten Stellen Norddeutsch-
0) Schuldorp wurde es zum Verhängnis, daß er, noch ehe er in Schleswig autrat, anf
Luthers und Amsdorfs Rat seine Schwestertochter geheiratet hatte. Das wurde ihm nicht nur
von seinen altgläubigen Gegnern und Melchior Hoffmann, sondern auch von seinen Zuhörern
als Blutschande vorgeworfen. Er rief Luther und Amsdorf um ihren Schutz an, den sie ihm
auch gewährten, Luther durch einen Brief vom 5. Jan. 1526 (Mon. ined. IV, p. 3332,
W. A. Briefwechsel Bd. 4, S. 9), Amsdorf durch eine eigene Schrift: „Grund und Orsake,
De Marquard Schuldorr hefft siner Süster Dochter tor Ehe genamen.“ 1526. Val. Lau
S. 103 f.
1u) Dieser, ein gewesener Augustinermönch, darf als der eigentliche Evangelisator Schles—
wigs angesehen werden. Er wirkie dort als Pfarrer bis zu seinem Tode, 1584 Val. Noodt,
Beiträge, II, 231 ff.
22) Mach Schröder in AfStuKg 4, 74.
RSiltlem, D. Einführung der Ref. in Hamburg. S. 46.
10) Die plattdeutsche Eingabe in einer Abschrift in Matth. Saml. 2, veröffentlicht von
W. Jensen in unsern Bus o, S. 118.
c) Val. Schröder in Arch. 4. Bd. S. 87. H. Reinche in „Die Kirchen des Ham—
burger Landgebiets“ (1929, S. 199.