Full text: 1517 - 1721 (2)

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Erziehung zum Kirchenbesuch 
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nen, daß bei der Motivierung dieses Bemühens nicht selten unterchristliche, eu— 
dämonistische Gedanken hervortreten, vor allem der, daß durch ungenügende Teil—⸗ 
nahme des Volkes am öffentlichen Exercitium religionis der Zorn der Gott— 
heit gereizt werden und sich in allerhand Landplagen äußern könne. Deshalb werden 
die Mahnungen der Obrigkeit zu fleißigem Kirchenbesuch in besonderen Notzeiten, 
wie im 30jährigen Kriege, besonders dringlich. 
Aber das Hauptmotiv ist doch das dem Geiste Christi immerhin näher liegende, 
daß die Teilnahme am Gottesdienste den Leuten zur ewigen Seligkeit dienen soll 
und daher einer christlichen Obrigkeit, welche nicht nur für die irdische, sondern 
auch für die himmlische Wohlfahrt ihrer Untertanen zu sorgen die Pflicht hat, 
als eine der dringlichsten Aufgaben erscheinen muß, das Volk in die Gottesdienste 
zu bringen. 
Ob so oder so motiviert — jedenfalls hat auch die Obrigkeit unseres Landes 
die Teilnahme am Gottesdienste als allgemeine Untertanenpflicht 
vielfach proklamiert. So nach manchen lokalen Vorgängen besonders in der Ge— 
meinsch. Verordnung vom 14. Dez. 1023 (C. R. H. L. 243 ff.). Hier heißt es: 
„daß ein jeder, so seine verständige Jahre erreichet, den Kirchgang, bevorab an den Sonn⸗, 
Feier- und Betetagen nicht versäume, sondern sich zu rechter Stunde in das Haus Gottes ver— 
füge, des Gottesdienstes bis zu Ende abwarte, und zum wenigsten einmal im Jahre seine 
Sünden in der Kirchen beichte, darauf die heilige Absolutien und das Nachtmahl des Leibes 
und Bluts Jesu Christi würdiglich empfange.“ 
Aehnlich lautet es in der Gem. Polizei-Ordnung von 1636 (C. R. H. I, 295). 
Hier wird noch besonders die Pflicht betont, dem Gottesdienste von Anfang bis 
Ende beizuwohnen. 
Der allgemeinen Teilnahme des Kirchenvolks an den Gottesdiensten standen 
indes nicht geringe Hindernisse entgegen. 
1. Hindernisse des Kirchenbesuches. 
Von alters her bis heute sind die Menschen vor allem durch Arbeit und Ver— 
gznügen am Kirchenbesuch gehindert worden. Wenn heute, wo die sonntägliche 
Ruhe von der täglichen Arbeit als hygienisches und soziales Erfordernis erkannt 
ist, vor allem das sonntägliche Vergnügen als Hindernis wirkt, so war es in 
ärmerer und geringer kultivierter Zeit vor allem die Ar beitt. Deshalb ist, wie 
schon im Mittelalter, so auch in den Reformationskirchen, von Anfang an die 
„knechtische“ Arbeit am Sonntag für den ganzen Tag, an wöchentlichen Feier— 
tagen für die Zeit des Gottesdienstes obrigkeitlich verbbten worden. Vgl. die 
Bestimmungen der PO von 1036, C. R. H. l, 296. 
Es gibt jedoch wohl kein anderes obrigkeitliches Gebot, das öfter und hart— 
näckiger übertreten wurde, als dieses. 
Besonders schlimm mit der Sonntagsarbeit war es natürlich auf den ade, 
ligen Gütern, wo den „Unterthanen“ oft nur am Sonntag die Zeit ge— 
geben wurde, ihre eigene Wirtschaft zu besorgen. Die Ueberhäufung der Leute 
mit Hofdiensten wird in den Vis.Verichten um 1040 herum vielfach bezeugt. 
Von Lebrade heißt es 16041: 
„Der Sontag wird ja zimblich gefeiert; sol doch offt geschehen, das die Bawren woll an 
Sontagen morgens bis zur predigt dreschen, vndt nach der Predigt alsosort wieder dran müssen. 
Aber auch in den freien Bauergemeinden wurde die Arbeit nur 
allzuoft dem Kirchengehen vorgezogen. So klagt Propst Clüver 1632 von König— 
Feddersen, Kirchengeschichte. B. II. **
	        
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