Full text: 1517 - 1721 (2)

732 B. 2, K. 5, 9 13. Erziehung zur kirchl. Frömmigkeit 
Sinn des Gutsherrn abhängig. Nur wo dieser den Sonntag von Hofdiensten frei 
hielt, dazu auch durch einen mehr oder minder sanften Druck seine „Unterthanen“ 
zum Besuch des Gottesdienstes ermunterte, war derselbe befriedigend. Daß jedoch 
solche Gutsherren die Minderzahl bildeten, ergibt sich daraus, daß in Fabricius 
Berichten die kirchlich lobenswerten Herren und Damen immer besonders hervor— 
gehoben werden. Außer dem Herrn von Bovenau wird namentlich Herr 
Breide Rantzow auf Jellenbeke in diesem Sinne gelobt, auch seine uns 
heutigen weniger ansprechende Methode: daß er diejenigen, welche ohne Not daheim 
blieben, an das auf dem Kirchhof befindliche Halseisen schließen ließ, „damit 
andere gewarschauet würden“?). 
Als ausnahmsweise besonders schlecht wird der Kirchenbesuch 1637 in Schön— 
walde und später in Elmshorn bezeichnet. 
Für letzteren Flecken mandierte der Landesherr, Graf Rantzau'“): Da es bei der Spezial- 
kirchenvisitation in Elmshorn sich gezeigt hat, daß die Leute so wenig mit unterthäniger Folge— 
leistung und pflichtigen Gehorsam nachgelebet, daß vielmehr ihre Widerspenstigkeit, lanlichs 
Wesen vor Gott, seinem Worte, auch geringe Sorge für ihre ewige Wohlfahrt dahero sattsam 
zu verspüren gewesen, so wird geboten künftig gegen die Contravenienten mit Geldstrafen zum 
Besten der Armen vorzugehen, Hausväter und Hausmütter 2 Rthl., Knechte und Mägde 
1 Rthl., Kinder 10—12 Jahr und darüber 1 Mk. 
War der Kirchenbesuch am Sonntag im allgemeinen befriedigend, so galt das 
weniger von den auf Befehl der Obrigkeit neu (1023) eingeführten Bete— 
tagen (vgl. oben S. 442). 
Das Königl. Circularrescript vom 7. August 1047 (C RIII 251 ff.) beklagt, daß „die 
Mittwochs- und andere Predigten in den Städten und auf dem Lande gar nachläßig besuchet 
und also die Bettage auf allerhand Art und Weise entheiliget werden“, ja daß an etlichen 
Orten die Nichter sich unterstehen, gerade am Mittwoch weltlich gericht zu halten. — Von 
Angeln berichtet Fabr. 1040, daß in Struxdorf die Leute an Betetagen „sparsam“ zur 
Kirche kamen, weil der „scriba“ in Morkirchen es ihnen nachsehe; in Böel kam „kaum 
die Hälfte“ zu den Mittwochpredigten: der GS empfahl „Mannzahl“ zu halten. — Von 
Schönwalde wird 1637 berichtet, daß „am Mittwoch, da Betetag gewesen, keiner als 
nur 2 Weiber und Jl Kirchgeschworner zur Kirchen gekommen sei, also daß der Pastor die 
Predigt hat einstellen müssen““. Und das, trotzdem der Junker an den Mittwoch-Predigttagen 
„die Voigte in die Dörffer schickte, vnd die bawren zur kirchen treiben ließ“ und verordnet hatte, 
daß zum wenigsten zween aus dem Hause in die Catechismuspredigten, so monatlich geschehen, 
kommen sollten, bei lJ 4 Poen. 
Der Karfreitang scheint keineswegs allgemein als Festtag gefeiert worden 
zu sein. 
Jedenfalls wurde noch 1090 geklagt, daß in der Grafschaft Rantzau der Kar— 
freitag durch Arbeit und Saufen vielfach entheiligt werde. Desto energischer lau⸗ 
tete die Verfügung, welche der Graf durch seinen Propsten bekanntmachen ließ: 
Bei 20 Rthl. Strafe, evtl. Gefängnis, auch nach Befindung wohl gar Stellung 
an den Pfahl sollten die Untertanen den Tag besonders heilig halten, sich bis nach 
geendigten beiden Predigten aller Speise und Trankes enthalten, in der Stille 
Buße tun und des Leidens und Sterbens des Erlösers gedenken. 
3. Benehmen des Kirchenvolks. 
Weniger befriedigend als der Besuch der Sonntagsgottesdienste an sich war 
2) Das gleiche rühmt Fabr. von Herrn Paul Rantzau auf Kobövet (Ludwigsburg). 
*) Die Verfügung habe ich in Const. Heft VIII gefunden. Zeit jedenfalls 2. Hälfte des 
17. Jahrhunderts. Die Rantzaus waren durchgängig ein frommes Geschlecht, das tritt auch 
hier bei aller sonderbaren Vereinerleiung von Herrendienst und Gottesdienst hervor.
	        
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