Full text: 1517 - 1721 (2)

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B. 2, K. 5, 9 43. Erziehung zur kirchl. Frömmigkeit 
Halt machte. Dabei denke ich hier nicht an den Abschen, mit welchem fromme 
Sektierer auf die gemischte Gesellschaft, welche sich in den Kirchen am Tische des 
Herrn zusammenfand, hinblickten: daß das „hochzeitliche Kleid'', welches die KO 
S. 45 für die Teilnahme am Abendmahl erforderte, nicht das weiße Kleid der 
vom Herrn erforderten „besseren Gerechtigkeit““ (Matth. 5, 20), sondern das grobe 
und befleckte Kleid des bürgerlichen Anstandes war, ließ sich in einer Volkskirche 
nicht vermeiden. Vielmehr denke ich an verbürgte Fälle, in welchen ernste und 
gewissenhafte Kirchenleute sich aus Gewissensgründen eine Zeitlang der Kommunion 
enthielten. 
So berichtet Fabr. 1639 aus Klipleff von einem angeblichen Totschläger und den 
„Freunden des Entleibten“, welche sich beiderseits vom Abendmahl enthielten, weil sie sich über 
die angebotene Mannbuße lo) nicht einig werden konnten. Ferner berichtet er aus Prob⸗ 
st eierhagein von einem Manne, der zur Kirche kam und „sein Christentum beten“ konnte, 
also im Sinne der Kirche ein frommer Mann war, daß er sich schon 4 oder 5 Jahre von der 
heiligen Kommunion abgehalten habe, weil er von gewissen Leuten der Zauberei und Hererei 
„nach seinem fürgeben zur Vugebühr“ beschuldigt worden war und nun das Gefühl der Feind— 
seligkeit gegen diese Verleumder nicht loswerden konnte. „Pastor wendet allen Fleiß an, ihn 
auf den rechten Weg zu bringen .“ 
Statt solche Gewissensbedenken als dem Evangelium entsprechend (Matth. 5, 
214— 24) zu loben, und sich über eine derartige hohe Schätzung des heiligen Mahles 
zu freuen, hielt die derzeitige christliche Obrigkeit es für ihre Pflicht, den Leuten 
ihre Bedenken auszureden. Solches geschah in der Gem. Verordn. vom 14. 12. 
16023, in welcher es nach dem Gebot, mindestens einmal im Jahre zu kommuni— 
zieren, heißt (CRIL I, 244): 
Wie Wir dann auch nicht zugeduldenwissen, daß etliche, welche mit dem Nehisten 
in Streit und Uneinigkeit leben, sich der Beicht und Communion zu enthalten pflegen, sondern, 
wie keinem Christen gebührt, ob er schon von seinem Nehisien beleidigt zu seyn oder ver⸗ 
unrechtet zu werden vermeinet, darumb im Herzen einen Groll oder rachgierigen Widerwillen 
zu tragen, vielmehr, da Miswerstendtniß erwachsen, solche entweder in der Güte beyzulegen, 
oder durchs Recht aufzuheben senn, und ein Christ mit gutem Gewissen Rechts Streite für der 
ordentlichen Obrigkeit führen kann, wann nur dessen genugsame Ursachen vorhanden, und dabey 
kein Haß oder Rachgierigleit mit unterläuft, sondern man (inmaßen allerdings seyn soll) 
der Sachen Feind und des Mannes Freund ist; Als wollen und gebieten Wir 
ern st lich, daß diejenige, welche mit einander Rechtfertigungen, oder sonst wider einander 
was haben, gleichwol bey der Absolution und dem Tisch des Herrn als würdige Gäste sich 
finden lassen, aber ihre Sachen in Entstehung der Güte dem Richter befehlen, und des recht⸗ 
lichen Ausschlags geduldig abwarten sollen. 
Wir lesen über solche AÄußerungen vielfach leicht hin, ohne zu bedenken, wie 
grausam solche Staatsmoral den feinen Geboten der vollkommenen christlichen 
Nächstenliebe widerspricht (gl. Matth. 5, 38 - 48 und 1l. Kor. 6, 1- 8), und 
wie ungeniert feine christliche Gewissen von der Obrigkeit vergewaltigt wurden. 
Jedenfalls hat durch solche Belehrungen auch die christliche Obrigkeit das ihre 
dazu getan, die heilige Handlung zu entwerten und sie aus einer feinen innerlichen 
Handlung der Seele mit ihrem himmlischen Herrn zu einem von der Obrigkeit 
zgeforderten Stücke des Anstandes und der bürgerlichen Sitte zu machen. 
dieber hätte sie ihren Untertanen den Ernst und die Heiligkeit des Abendmahls 
predigen sollen. Denn daß es, mochten auch manche fromme Seelen sich aus 
innerem Bedürfnis und mit heiligem Schauer ihm nahen, von der großen Masse 
nur als äußerliche Sitte mitgemacht wurde, steht auch für jene Zeit fest. Wir 
iu) Val. die Vorschrift der KO S. 45, daß ein Totschläger nicht eher absolviert und zum 
Abendmahl zugelassen werden darf, als bis „dem Widerparte durch Zahlung der Mannbuße 
genuggetan sei.“
	        
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