—750 B. 2, K. 5, 9 45. Erziehung zur geschlechtl. Sittlichkeit
3. Als Gebühren für Proklamieren und Copulieren wer—
den nach altem Herkommen l Rthl., für die Geringen und Armen 2 Mk. fest—
gesetzt, „ahne Nüerunge edder Minderunge, edder wat dar hübsche unde bemeddelte
Lüde, alse schon angethagen, mehr uhtdohn wilt, solcken laten Wy ere Belevend“.
Niemand soll dem Kirchherrn seines Wohnorts diese Gebühren entziehen, noch
sich anderwärts trauen lassen“).
4. Wegen der verbotenen Grade behält sich der Landesherr die Dispen-
sation vor.
Da jedoch auch weiterhin in Ehesachen viel Unordnung vorkam, welche „nicht
allein das Konsistorium beschwerte, sondern auch die Gewissen verwirrte und mit
Sünden belud, sah sich die Münsterdorfer Synode, das angesehensie
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zu veröffentlichen, welche weithin maßgebend gewirkt haben. Sie verfügen J. daß
die ver botenen Grade jedes Jahr zweimal, nämlich am Sonntage nach
Trium Regum und am 1. p. Trin. von der Kanzel verlesen werden sollten.
2. sollte einerseits der Consens der Eltern, andererseits der freie Entschluß der
Kinder öffentlich bezeugt und deshalb das Verlöbinis vor „frommen Leuten“
begangen und darauf ein „ehrlich Lövelbeer (na Vermögen eines jeden) gedrunken
werden“. Wo das Verlöbnis mit solchen Solennitäten gefeiert ist, soll es als
unverbrüchlisch gelten und derjenige, der den andern vor der Eheschließung
»erläßt, vor dem Altar Busie tun und von der Obrigkeit in Strafe genommen
werden, ohne daß dadurch die Zusage ungültig würde. 3. Sollen vor der öffent—
lichen Zusammengebung in der Kirche Braut und Bräutigam nichtineinem
Hausezusammenwohnen, sondern bei Vermeidung kirchlicher und obrig—
keitlicher Strafe sich „von einander enthalten“. 4. Sollen die Einsegnungen in
den Ehestand „tho mehrer Reverentz dessülvigen und um Anropinge Göttlichen
Namens willen“ nicht in den Häusern'), sondern in der Kirche geschehen,
and zwar erst acht Tage nach der (letzten) Proklamation. 5. „So twee, so in
apentlicken Horen-Levende miteinander liggen, sick thosamen ehelick
begehren, schölen se thovoren ein Vehrendehl Jahr van einander scheden, ehre Be—
sehringe apentlick betügen, darna apentlicke Bote dahn und in den Ehestand ge—
zgeven werden“. 6. „De averst thosamen in Ehebrock mit einander gelegen,
und up eines Ehegadings Stervent gewachtet, schölen mit nichten thosamen gegeven
werden, dewile se im Harten sick nich bekehret unde vor Gade Ehebreker syn,
sondern schölen uht dem Lande verwiesen werden“. 7. Ausheimische sollen
erst, wenn sie ein halbes Jahr lang „Roock“ und „Schmoeok“ gehalten haben,
d. h. in der Trauungsgemeinde wohnhaft gewesen sind, zusammengegeben werden.
Wir erkennen aus diesen Verordnungen, welche Mißstände auf diesem
Bebiet zu bekämpfen waren. Außer den auch heute noch nur allzuhäufigen
„polnischen Ehen“ und dem vorehelichen Verkehr Verlobter bestanden sie vor
allem darin, daß einerseits junge Leute sich ohne ihrer Eltern Zustimmung ver⸗
prachen, andererseits aber auch — was namintlich in bäuerlichen Kreisen häufig
vorgekommen sein wird — daß Eltern schon im unmündigen Alter ihrer Kinder
über deren künftige Heiraten miteinander Verabredungen trafen. Ferner, daß
22) Damit ist implicite für al be Amtshandlungen der Parochialzwang ausgesprochen worden,
der weiterhin immer wieder scharf betont wurde.
29 Zu lesen bei Grasssau (vgl. S. 236) S. 907 ff.
149) Also auch damals schon wurden Haustrauungen begehrt.