Full text: 1517 - 1721 (2)

Kirchspielsschulen und Dorfschulen 
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Damit aber hatte die Dorfschule eine Stufe erreicht, auf der eine Beauf— 
sichtigung durch die Obrigkeit, d. h. in diesem Falle den Gemeindepfarrer und 
den Propsten absolut erforderlich erschien. Trotz heftigen aktiven und passiven 
Widerstandes der Interessenten wurde es im Laufe des 17. Jahrhunderts erreicht, 
daß ebensowenig wie die Küster und Kirchspielsschulmeister die Dorfschulmeister 
ohne „Vorbewußt und Zeugnis“ des Propsten angestellt werden durften. 
Mit der Ausbreitung und Festigung der Dorfschulen kam es vielerorts zu einem 
Konflikt zwischen der Kirchspielsschule und den Dorf— 
schulen. Der Grund war in der Regel ein materieller: die Dorfschule entzeg 
dem Kirchspielsschulmeister einen wesentlichen Teil des Schulschillings. Bei solchen 
Konflikten begünstigte die Obrigkeit meistens die Kirchspielsschulmeister. Maß— 
gebend wurde vor allem eine von Klotz veranlaßte Kön. Konstitution 
vom 20. August 16050), in der es heisit: 
Aller orten bey jedem Kirchspiel sol ein gewisser Kirchspielsschulmeister bestellet, die Winkel— 
und Nebenschulen aber sollen in denen in der Nähe gelegenen Dorfschaften abgeschaffet werden, 
und da keine fliessende Auen und gefährliche Wege darinnen (sich) befinden, alle Dorfschaften, 
die über eine Viertel Meile nicht entlegen, zum Kirchspielsschulmeister ihre Kinder abschicken; 
hingegen den andern, so 4 oder oft wol l Meile von der Kirchen, darn sie cingepfarret, ver 
gönnet seyn soll, einen eigenen Schulmeister zu halten.“ 
Jedoch trotz solcher obrigkeitlichen Beschränkungen haben sich gerade wie die 
Winkelschulen neben den Städtischen Schreib- und Leseschulen die Dorfschulen 
zahlreich erhalten, um in der Allgem. Schulordnung von 1814 als „Distrikt— 
schulen“ bestätigt und bis in die Neuzeit erhalten zu werden. Somitdürfen 
wir sie mit Recht als eine zweite Wurzel der heutigen 
ländlichen Volksschule betrachten. 
4. Zum Stande des ländlichen Schulwesens im 17. Jahrhundert). 
Wenn wir fragen, wie es ein Jahrhundert nach der Reformation mit dem 
ländlichen Schulwesen stand, so muß die Antwort leider lauten: noch höchst un— 
vollkommen. Nur in einigen kulturell fortgeschrittenen Gegenden, vor allen den 
Marschen (Dithmarschen, Eiderstedt) waren die Kirchspielsschulen für die An— 
— 
wenige Landgemeinden, in denen ein geordneter Schulunterricht überhaupt 
nicht bestand. 
So heißt es bei Fabr. von Mübel 1634: Schule wird nicht gehalten. Der Küster sagt: 
es kommen bisweilen 3254 Knaben, worüber er nicht sitzen könne. — In Mol denit wird 
16031 die Schule nicht beoständig gehalten, größtenteils wegen des Mangels an einem 
Hause oder Logement dazu. — In Borby wird 16031 keine Schule gehalten, obwohl ein 
Küster-Schulmeister vorhanden. Von 1037 an kommen die Kinder im Winter fleißig, im 
Sommer weniger. — In Bünsdorf hält der Organist keine Schule, weil er keine Kinder 
bekomme. Es soll aber ein gewisser Jasper Mohr Schule halten, aber wenig Schüler haben. 
Resp. Keinem Mohr, sondern ihm sei die Schule befohlen und solle dereinst Rechenschaft dafür 
24) Diese Konstitution ist in CRII nicht aufgenommen worden. Ich habe sie im Rigs— 
arkis Kopenhagen unter T Cane JA (I670-1770. VIII) gefunden. Der von Rendt. 
wiedergegebene Visitationsbericht Klotzens (S. 45) ist also zeitlich später, hat auch keine Ge- 
setzeskraft erlangt. 
15) Das Folgende beansprucht nichts weiteres zu sein als ein kleiner Beitrag zur Ge— 
schichte des Landschulwesens im 17. Jahrhundert. Ich gebe ihn vor allem, um die mancherlei 
Einzelnachrichten, die ich (vor allem aus Fabr.) gesammelt habe, für eine künftige Gesamt⸗ 
darstellung nicht völlig verloren gehen zu lassen. 
16) Vgl. z. B. die Koldenbütteler Schulordnung von 16041 bei Rendt. S. 32ff.
	        
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