Stand des ländl. Schulwesens im 17. Jahrhundert
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einmal um die Schulnot des Landes gekümmert und sogar selber ein Opfer
gebracht.
Im übrigen hat sich, wie bemerkt, während unserer Periode die weltliche Obrig—
keit für das ländliche Schulwesen wenig interessiert. Und das war neben der
Gleichgültigkeit und Unkultur eines grossen Teiles der ländlichen Bevölkerung
der Hauptgrund dafür, daß dies so wenig vorankam. Es fehlte namentlich an
einem allgemeinen und bindenden Landesgesetz für das Elementarschulwesen, wie
es für die Kirche in der KO bestand, einer allgemeinen Schulordnung
oder, wie man damals sagte: einer „Generalkonstitution“, die es der Obrigkeit
ermöglicht hätte, überall zur Besserung der Verhältnisse einzugreifen.
Es gehört zu den vielen Verdiensten“), welche St. Klottz sich um das
Schulwesen erworben hat, dast er auch eine „Generalkonstitution“ entworfen und
der Regierung vorgelegt hat (16051, vgl. Rendt. S. 43ff.).
Wer erkennen will, wie ein einsichtiger und praktischer Kirchenmann des
17. Jahrhunderts das Schulwesen seiner Zeit ansieht, muß diese wohlgeordnete
und reichhaltige „Generalkonstitulion“ aufmerksam lesen. Wäre das, was Klotz
hier vorschlägt, tatsächlich zur Ausführung gelangt, so würden sowohl die höheren
wie die niederen Schulen um einen gehörigen Sprung vorwärts gekommen sein,
und er selber würde denselben Ruhm genossen haben, den sein Kollege Adler
150 Jahre später unter günstigeren Zeitverhältnissen gewonnen hat. Aber sein
Entwurf ist leider nicht zum Gesetz geworden: die Bequemlichkeit und Gleichgültig,
keit der Königlichen Juristen in Glückstadt und Kopenhagen hat es verursacht,
daß er im Aktenschrank liegen geblieben ist.
Erst sechzig Jahre nach Klotzens WVorstoß ist man im niedergehenden Gottorif
auf den Gedanken gekommen, eine allgemeine Schulordnung zu schaffen. In seinem
Visitationsbericht von 1712 machte der Fürstliche GS Muhlius einen ent
sprechenden Vorschlag. Dieser wurde auch von der Regierung genehmigt und
dem GSedie Ausarbeitung einer entsprechenden Verordnung anbefohlen. Aber
in der Verwirrung, welche die folgenden Jahre über Gottorf brachten, ist der
Befehl unausgeführt geblieben“).
20) Diese Verdienste wären wohl wert, aufgrund einer genaueren Aktenforschung einmal
speziell behandelt zu werden. Ich erinnere hier nur daran, daß Klotz schon lou3 den Flens—
burger Amtmann vermocht hat, mit ihm eine gute Schulordnung für den Bereich seiner Fleus—
burger Srezialpropstei berauszugeben und durchzuführen. Das Hauptverdienst dieser Schul⸗
ordnung besteht darin, daß sie, um den Küstern mehr Lust zum Schulhalten zu machen, ihnen
als Entgelt für den Schuldienst eine feste Besoldung durch Umlage einer Kornlieferung und
Geldabgabe schafft. Es ist keine Frage, daß diese Ordnung stark dazu beigetragen hat, in
Nordangeln und der Nordergoesharde (Landschaft Bredstedt) die Kirchsrielsschulen zu heben. —
Ich erinnere ferner daran, daß Kletzens Bemiihungen um die Einführung der Konfirmation
letztlich auf Hebung des Elementarschulwesens tendierte. Das gleiche gilt von der Aufhebung
des Schülerprivilegs in Hadersleben, die von Klotz 16051 endlich erreicht wurde und eine Grün—
dung fester Küsterlehrerstellen in den betreffenden Gemeinden erst ermöglichte. Aus manchen
Verfügungen Klotzens ersieht man auch, wie kräftig er auf einen Besuch der Schule durch alle
Kinder der Gemeinde, also einen Schulzwang, hingearbeitet hat. Auch in dieser Beziehung
ließ ihn die hehe Obrigkeit in Stich: er konnte nichts weiter erreichen, als daß mit kirch—
hichen Mitteln gegen die Schulverächter eingeschritten wurde. Daß seine Bemühungen jedoch
nicht ganz vergeblich waren, zeigt z. B. eine von den Gemeinden Satrup, Esgrus, Steinberg,
Quern' und der „ganzen Nieharde“ angenommene Schulordnung, durch welche von Ge—
meindewegen der allgemeine Schulbesuch durchgeführt wurde. (Ich habe diese gefunden
in Coust. Vl, S. 24).
21) Vgl. St. A. A. XX. 7600.
Feddersen, Kirchengeschichte, V. II.