Die Fremdgläubigen und die Obrigkeit
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von Brandenburg, daß Ausländer, bzw. nicht von ihm selber Beauftragte bischöf—
liche Amtshandlungen in seinen Landen vornahmen).
In welchem Maße die lutherische die allein voll berechtigte, s. z. . normale und
allgemeine Religion blieb, wird auch dadurch gekennzeichnet, daß ebenso wie der
GS das allgemeine, so jeder Ortspfarrer das spezielle Recht der Aufsicht über
die fremden Religionsverwandten besaß und amtlich verpflichtet war, streng dar—
über zu wachen, daß sie sich in den Schranken der ihnen eingeräumten Rechte
hielten.
Im übrigen fand die so eingeschränkte Toleranz gegenüber fremden Religions—
verwandten insofern eine Grenze, als sie nur gegenüber solchen, welche, wenn auch
als Irrende, so doch noch im allgemeinen als Christen angesehen werden konnten,
geübt wurde. So wurden z. B. die Sozinianer (damals vielfach als „Pho—
tinianer“ bezeichnet) selbst im Religionsgewimmel Altonas und Friedrichstadts nicht
zugelassen, offenbar, weil sie das als allgemein christlich geltende Dogma von der
göttlichen Dreieinigkeit nicht anerkannten“). — Die Quäker, von denen seit
etwa 1660 manche in unser Land kamen, haben doch nur eine Gastrolle gespielt.
In Friedrichstadt unter dem Patronat der Mennoniten mehr oder weniger offiziell
toleriert, haben sie dort ein kirchliches Versammlungsgebäude besessen, sind aber
im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts restlos verschwunden?).
Gesetzliche Toleranz in dem oben angegebenen Sinne haben nur drei Kon—
fessionen genossen, die Mennoniten, die Katholiken und die Reformierten7). Ehe
wir über deren Verteilung über die verschiedenen Freistätten berichten, wird es
geboten sein, wenigstens zur Sondergeschichte der beiden ersteren noch einiges mit—
zuteilen. Betr. die Reformierten wird das genügen, was unter Altona be—
richtet ist. Sie wurden doch schon im 17. Jahrhundert von den Regierungen als
minder „fremd“ angesehen und behandelt.
§ 48. Die Taufgesinnten in SH.
1. Zur Geschichte der Mennoniten“)
Schon das 1535 von den sog. Wendischen Städten erlassene Edikt gegen die
Sakramentierer und Anabaptisten läßt darauf schließen, daß sich in der Umgegend
von Hamburg und Lübeck Taufgesinnte in erheblicherem Maße ansiedelten oder
) Dies Prinzip konnte naturgemäsi besonders leicht zu Konflikten mit der römischen Kirche
führen und hat es auch bei uns tatsächlich getan.
5) Vgl. hierzu den Aufsatz von Wotschke, SHeund die polnischen Brüder in BuMm8,
62- 87.
c) Val. P. Thomsen, die Quäkergemeinde in Friedrichstadt, Bu M 3, 435 — 405: 4,
49 - 60.
7) Die Tolerierung der Juden ist ein Kapitel für sich und gehört nicht in eine Kirchen—
geschichte. Die Arminianer galten gesetzlich als Reformierte, die Jausenisten lim
18. Jahrhundert) als Katholiken.
) Littt: Historische Erzählung von den Wiedertäuffern und Mennoniten ... (Dän. Bibl.
9, S. 281 - 374). — G. Roosen, Unschuld und Gegenbericht ... 1702. — J. A. Bol—
tein, Hist. Kirchen-Nachrichten von der Stadt Altona, Bbd. lI. — Reimer Hausen,
Wiedertäufer in Eiderstedt (Bu M 2, 175-5238 und 344 -90). — Robert Dohlinger,
Gesch. d. Mennoniten in Sh, Hamb. und Lübeck (Qu u F Bd. 17, 1950). — E. F. Go—
verts, das adelige Gut Fresenburg und die Mennoniten lin Zschr. der Zentralstelle für
Niedersächsische Familiengeschichte, 1925). —