B. 2, K. 6, 9 48. Die Taufgesinnten in SH
leisten, im Lande geduldet werden“). — Johann Adolfs Sohn, Herzog
Friedrich III., obzwar kein Kalvinist wie sein Vater, wandelte doch in bezug
auf die staatliche Duldung Andersgläubiger in denselben Spuren. Er erlaubie
den Taufgesinnten statt des Eides Ja und Nein, doch mit dem Beding, daß die
Strafe einer Lüge vor Gericht dann die des Meineides sei (Abhacken zweier
Finger). Er schuf ihnen ferner in dem von ihm gegründeten Friedrich stadt
(1023) eine Freistatt und einen gottesdienstlichen Mittelpunkt für die auf dem
Lande wohnenden Glaubensgenossen.
Somit hatten nun Gottorf und Schauenburg für die Taufgesinnten ihrer Ge—
biete Freistätten. Aber auch für das Königliche Gebiet wurde solche in dem 1016
angelegten Glückstadt geschaffen, und als 10640 der südliche Teil der Grafschaft
Schauenburg an den König gefallen war und dieser auch die den Mennoniten für
Altona gegebenen Privilegien bestätigt hatte, gab es im Königlichen sogar zwei
Freistätten für sie.
Fortan lebten die Jünger Mennos, vor allem in Altona und Friedrichstadt
gesammelt, unangefochten und ohne dem lutherischen Kirchenregiment besondere
Schwierigkeiten zu machen, ihr abgesondertes, stilles, frommes Leben“). Der
Pietismus und der gemeinsame Gegensatz gegen den Rationalismus hat später
sogar sehr freundliche Beziehungen zwischen den frommen Kreisen der Landes—
kirche und dieser allein auf die Bibel sich gründenden sympathischen Sekte ge—
schaffen.
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2. Der David-Joritenprozeß 10427).
Wie schon bemerkt, waren die eingewanderten Taufgesinnten zum allergrößten
Teile Mennoniten. Doch hat aller Wahrscheinlichkeit nach auch der gegen Menno
in scharfem Gegensatze stehende David Joris manche Anhänger gehabt.
Dieser sonderbare Heilige unterschied sich von Menno bekanntlich dadurch, daß
er nicht auf Gemeindebildung drang, sondern seine Jünger sogar ausdrücklich
anwies, sich den bestehenden Landeskirchen zu akkommodieren und nur im Ge—
heimen seine Bücher zu lesen. Damit waren die Joriten einerseits zwar viel
schwerer als die bekenntnisfreudigen Mennoniten zu fassen, andererseits aber
für die Landeskirchen viel gefährlicher, da sie ganz im Geheimen ihren Samen
ausstreuten und durch die eigenartigen Reize der Schriften ihres Propheten gerade
fromme, bibelforschende lutherische Christen zu verführen drohten. Das Geheimnis,
9) Sehr caratteristisch ist der Schluß der Resolution. Hier begründet der Herzog die Au—
ordnung, dasi künftig jede Anschuldigung auf Irrlehre direkttan ihn gelangen und von ihm
untersucht und entschieden werden solle, damit, daß unter dem Namen der im Eiderstedtischen
Landrecht allerdings verbotenen Wiedertäufer, Sacramentierer und Schwärmer „doftmal viel
unschuldige und in ihrer Religion und Glaubensbekenntnis unsträfliche und eines Jrrthums noch
nicht überwundene Leute von den Cantzeln und sonsten ... wider die Wahrheit und christliche
Liebe, nachdem einen jeden seine eigene Wahn und affecten treiben, übel pflegen ausgerusset,
unzeitig beurtheilet und verdammet zu werden, welche gleichwohl in und mit diesem Bescheidt
nicht begriffen, sondern die rechten Mennonisten und Wiedertäuffern allein gemeinet sein.“
Beides, die Anordnung wie die Begründung, zeugt von dem Mißñitrauen, das der kalvinistische
Fürst gegen die lutherische Geistlihkeit hegte, und bezeugen, dasi es ihm imner wieder darum
zu tun war, die antikalvinistische Predigt zu unterdrücken.
0) Freilich kamen im 17. Jahrhundert noch einige „Wiedertaufen“ Lutherischer vor. Solche
wurden durch ein Mandat Herzog Christian Albrechts streng verboten.
) Vgl. Reimer Hansen, Der David-Joriten-Prozeß in Tönning. Bu M Bd. 1,
Heft 5, S. 31-116.