Full text: 1517 - 1721 (2)

B. 2, K. 6, 9 48. Die Taufgesinnten in SH 
leisten, im Lande geduldet werden“). — Johann Adolfs Sohn, Herzog 
Friedrich III., obzwar kein Kalvinist wie sein Vater, wandelte doch in bezug 
auf die staatliche Duldung Andersgläubiger in denselben Spuren. Er erlaubie 
den Taufgesinnten statt des Eides Ja und Nein, doch mit dem Beding, daß die 
Strafe einer Lüge vor Gericht dann die des Meineides sei (Abhacken zweier 
Finger). Er schuf ihnen ferner in dem von ihm gegründeten Friedrich stadt 
(1023) eine Freistatt und einen gottesdienstlichen Mittelpunkt für die auf dem 
Lande wohnenden Glaubensgenossen. 
Somit hatten nun Gottorf und Schauenburg für die Taufgesinnten ihrer Ge— 
biete Freistätten. Aber auch für das Königliche Gebiet wurde solche in dem 1016 
angelegten Glückstadt geschaffen, und als 10640 der südliche Teil der Grafschaft 
Schauenburg an den König gefallen war und dieser auch die den Mennoniten für 
Altona gegebenen Privilegien bestätigt hatte, gab es im Königlichen sogar zwei 
Freistätten für sie. 
Fortan lebten die Jünger Mennos, vor allem in Altona und Friedrichstadt 
gesammelt, unangefochten und ohne dem lutherischen Kirchenregiment besondere 
Schwierigkeiten zu machen, ihr abgesondertes, stilles, frommes Leben“). Der 
Pietismus und der gemeinsame Gegensatz gegen den Rationalismus hat später 
sogar sehr freundliche Beziehungen zwischen den frommen Kreisen der Landes— 
kirche und dieser allein auf die Bibel sich gründenden sympathischen Sekte ge— 
schaffen. 
784 
2. Der David-Joritenprozeß 10427). 
Wie schon bemerkt, waren die eingewanderten Taufgesinnten zum allergrößten 
Teile Mennoniten. Doch hat aller Wahrscheinlichkeit nach auch der gegen Menno 
in scharfem Gegensatze stehende David Joris manche Anhänger gehabt. 
Dieser sonderbare Heilige unterschied sich von Menno bekanntlich dadurch, daß 
er nicht auf Gemeindebildung drang, sondern seine Jünger sogar ausdrücklich 
anwies, sich den bestehenden Landeskirchen zu akkommodieren und nur im Ge— 
heimen seine Bücher zu lesen. Damit waren die Joriten einerseits zwar viel 
schwerer als die bekenntnisfreudigen Mennoniten zu fassen, andererseits aber 
für die Landeskirchen viel gefährlicher, da sie ganz im Geheimen ihren Samen 
ausstreuten und durch die eigenartigen Reize der Schriften ihres Propheten gerade 
fromme, bibelforschende lutherische Christen zu verführen drohten. Das Geheimnis, 
9) Sehr caratteristisch ist der Schluß der Resolution. Hier begründet der Herzog die Au— 
ordnung, dasi künftig jede Anschuldigung auf Irrlehre direkttan ihn gelangen und von ihm 
untersucht und entschieden werden solle, damit, daß unter dem Namen der im Eiderstedtischen 
Landrecht allerdings verbotenen Wiedertäufer, Sacramentierer und Schwärmer „doftmal viel 
unschuldige und in ihrer Religion und Glaubensbekenntnis unsträfliche und eines Jrrthums noch 
nicht überwundene Leute von den Cantzeln und sonsten ... wider die Wahrheit und christliche 
Liebe, nachdem einen jeden seine eigene Wahn und affecten treiben, übel pflegen ausgerusset, 
unzeitig beurtheilet und verdammet zu werden, welche gleichwohl in und mit diesem Bescheidt 
nicht begriffen, sondern die rechten Mennonisten und Wiedertäuffern allein gemeinet sein.“ 
Beides, die Anordnung wie die Begründung, zeugt von dem Mißñitrauen, das der kalvinistische 
Fürst gegen die lutherische Geistlihkeit hegte, und bezeugen, dasi es ihm imner wieder darum 
zu tun war, die antikalvinistische Predigt zu unterdrücken. 
0) Freilich kamen im 17. Jahrhundert noch einige „Wiedertaufen“ Lutherischer vor. Solche 
wurden durch ein Mandat Herzog Christian Albrechts streng verboten. 
) Vgl. Reimer Hansen, Der David-Joriten-Prozeß in Tönning. Bu M Bd. 1, 
Heft 5, S. 31-116.
	        
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