z87
B. 2, K. 6, 9 49. Katholiziemus und SH
die guten Steuerzahler gern im Lande behalten wollte, erreichte es schließlich, daß
die Leute ein von Fabricius aufgesetztes Glaubensbekenntnis, wahrscheinlich ohne
ausdrückliche Abschwörung, unterschrieben und erließ unter dem 10. Oktober ein
Mandat, „daß den in Zukunft durch Besitz von Büchern oder verdächtige Redens—
arten als überführt anzusehenden Davidjoriten strenge Ahndung in Aussicht stellte,
aber alles Anfeinden derjenigen, die sich durch Unterschrift der Konfession gereinigt
hätten, untersagte; den Predigern solle ihr Strafamt nach wie vor vorbehalten
bleiben.“ Den Schluß des Projzesses bildete die feierliche, durch den Scharf—
richter Philipp aus Husum auf dem Markte zu Tönning am 18. Oktober 1042
vorgenommene Verbrennung der haufenweise gesammelten ketzerischen Bücher).
Propst Moldenit konnte durch den Ausgang des Prozesses nur halb befriedigt sein.
Das hinderte ihn nicht, auch weiter gegen den Davidjoritismus wie gegen sonstige
Ketzereien eifrig auf der Hut zu sein'“). Sein eifriger Mitstreiter schon in
Tönning war sein Schwiegersohn, der Diakonus Friedriscch Jessen, welcher
als Pastor zu St. Nikolai in Kiel in einem 515 Quartseiten starken Buche:
„Auffgedeckte Larve Davidis Georgii“, Kiel 16070, die verhaßte Ketzerei auch
literarisch bekämpft hat. Diese selber ist seitdem öffentlich nicht mehr hervor—
zetreten.
§ 49. Der Katholizismus und Schleswig-Holstein)).
MNach den gewaltigen Erfolgen der Reformation war die offizielle römische
Kirche zuerst wie gelähmt. An Gebiet und Macht stark reduziert, hatte sie zunächst
nit sich selbst zu viel zu tun, um an die abgefallenen Provinzen denken und für
die dort noch vorhandenen Altgläubigen sorgen zu koͤnnen. In dieser Zeit war
es der Jesuitenorden, der seine Genossen wie eine leichte Kavallerie überall
in die neugläubigen Gebiete entsandte, um dort die zerstreuten Katholiken zu
sammeln und verlorenes Land wiederzugewinnen. Sie haben auch in unserem
Lande (Altona, Glückstadt, Friedrichstadt) ebenso wie in Dänemark (Friedericia,
Kopenhagen) die vorgeschobenen Posten besetzt und bis zur Aufhebung des Ordens
(1773) besetzt behalten und sich als eifrige und opferbereite „Missionare“ be—
vährt?).
Eine wirksame Wiedereingliederung unseres Landes in den Organismus der
katholischen Kirche begann erst, als die 1622 gegründete Congregatio de pro-
paganda fide ihre Tätigkeit entfaltete und an Stelle der päpstlichen Nuntien
in Köln (bzw. Brüssel), denen seit Ende des 160. Jahrhunderts die Sorge für die
nordischen Länder übertragen war, einen eigenen Apostohischen Vikar
per Septentrionem, d. h. einen Mann von bischöflichem Range bestellte, der
v) Von den gesammelten Büchern mußten die wertvolleren in je einem Eremplar an die
herzegliche Bibliothek, den Generalsuperintendenten und die Eiderstedter Propstei abgeliefert
verden.
320) Er beschuldigte auch den Bürgermeister Kossell itz in Tönning, der aus Polen gekommen
wvar, Socinianischer oder „Photinianischer“ Anschauungen und erreichte, dasi derselbe mehrfach
in behördliche Untersuchung gezogen wurde ( Hansen S. 111215).
) Hierzu vergl. bes. F. Wittt, Der Kath. in Sh seit der Reformation (Bu M Bd. l,
Heft 5, S. 1-30). Ferner die bei Wittt S. 234 ff. angegebene Literatur und J. Metzler,
SI, Die Apostolischen Vikariate des Nordens, Paderborn 1919.
2) „Kein Orden hat auf dem Gebiete der norddeutschen Misstonen eine so weite und intensive
Tätigkeit entfaltet als die Gesellschaft Jesu“, rühmt Fr. W. Woker (Ans norddeutschen
Missionen des 17. und 18. Jahrhunderts S. 89).