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B. 2, K. o, 9 49. Katholizismus in Sh
Da verfügte nämlich der durch die grausame Vertreibung der Salzburger höchst
aufgebrachte König Christian VI. an die Patres in Altona, sie sollten sich bei
dem Erzbischof Leopold für die Protestanten seines Landes ernstlich verwenden,
widrigenfalls er sich gemüßigt sehen werde, „denen sowohl zu Altona als anderswo
in Seinen Reichen und Landen sich aufhaltenden Katholiken das exercitium
religionis solange zu inhibiren, bis ermelter Erzbischof wegen seines gewalt—
thätigen Verfahrens ... eine völlige Satisfaction gegeben haben werde.“
Es war den Katholiken natürlich besonders darum zu tun, unter den gelehrten
und vornehmen Leuten unseres Landes Konvertiten zu gewinnen, und dies
Bestreben war auch nicht ganz fruchtlos. Wohl die bedeutendste Erwerbung in
unserer Periode war Johann Adolf Cypraeus oder Kupferschmidt,
Pastor an St. Michaelis in Schleswig. Nach seiner in Köln erfolgten Kon—
version gab er dort mit einer Widmung an Herzog Friedrich III. die Annales
episcoporum Slesvicensium heraus, eine tendentiöse Überarbeitung einer
nicht im Druck erschienenen Schrift seines Vaters. Unter den convertierten
Adeligen ragt hervor der schon oben S. 311f. genannte Graf Christoph
Rantzau, Herr zu Schmoel und Hohenfelde. Auch dieser machte Stiftungen
zu Gunsten der nordischen Missionen, eine 1088 von 6000 Rthl. und eine im
folgenden Jahre zu 3000 Rihl. Aus diesen Stiftungen erhielten die „Missio—
nare“ in Friedrichstadt und Glückstadt jährlich Zuschüsse zu ihrem aus der Fürsten—
bergschen Stiftung garantierten Jahresgehalt. Selbst in unserm fürstlichen
Geschlecht fanden sich Konvertiten, so Prinz Er ust August von Schleswig—⸗
Holstein-Sonderburg-Augustenburg (1674) und Johann Adolf von der
Rethwischer Linie des fürstlichen Hauses Plön (um 1700).
Das aggressive Verhalten der Katholiken stachelte selbst in unserm theologisch
and literarisch so „geruhsamen“ Lande die Theologen zu antikatholischer
Polemit auf. Zunächst nahmen Hamburger Theologen diese Aufgabe auf sich,
so der bekannte Liederdichter Philipp Nicolai, Paster an Ss. Katharinen
(gegen den Jesuiten Neverus in Altona 1607, vergl. seine Opera latina, Bo. l)
aund der streitbare Pastor an St. Petri, Johannes Müller (gegen den
Hamburger Jesuiten Dominicus Janßen, um 16030). Später aber ist auch der
fürstliche Generalsuperintenden Reinboth (vgl. oben S. 108 f.) in wuchtigen
Quartanten mit dem ganzen Rüstzeug seiner Gelehrsamkeit gegen den Jesuiten
Jost Kedde, der sich hier im Lande Theodor Berg nannte — ich zitiere hier Witt,
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Storning, welcher von 1677 — 594 fünf polemische Schriften verfaßte, mit
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In den an die Propagandakongregation gesandten Berichten des Apostolischen
Vikariats, welche zum Teil veröffentlicht sind, haben wir recht interessante An—
gaben über die Seelem zahl der zu den einzelnen Stationen gehörigen Katho—
liken. So gibt ein Bericht des Apostolischen Vikars von Hörde aus dem Jahre
1724) die Zahl der Kommunikanten in Friedrichstadt und Umgegend auf 1000,
in Glückstadt abgesehen von der Garnison auf 100, in Hamburgq. Altona auf 1500
an. (Andere Zahlen bei Witt S. 13).
Wie sehr man sich bemühte, die katholische Tradition in den verlorenen Gebieten
hochzuhalten, zeigt der Erlaß des Ap. Vikars Agostino Steffani vom 12. Oktober
) Val. „Nachrichten über den Osnabrücker Weihbischof J. A. von Hörde“ in der westfälischen
zZeitschrift für vaterländische Geschichte und Altertumskunde, Bd. 53, Abt. 2, S. 128 ff.