Lauenburg
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Mittel, es von dem letzten Bischof, der evangelisch wurde, zu erhandeln. 1557
ordnete er die in Unordnung gebrachten Vermögensverhältnisse der Kirche. 18564
führte er die erste allgemeine Kirchenvisitation durch. Als Visitatoren berief er
den Lüneburger Kirchenordner Simon Brun und den Hamburger Pastor Franz
Baring. Die Augssburgische Konfession war Grundlage des lauenburgischen
Kirchenwesens, und die reine lutherische Lehre war im allgemeinen eingeführt.
1505 wurde Franz Baring zum ersten Superintendenten berufen mit dem Auf
trage, eine Kirchenordnung vorzubereiten. Er lehnte sich an die Schl.-Holst.
Kirche an und arbeitete mit dem Schl.-Holst. und Lbg. Rate Tratziger und dem Su—
perintendenten Eitzen an der Kirchenordnung. Allein, obwohl nacheinander zwei
Entwürfe vorgelegt wurden, führte der Herzog Franz die Aufgabe nicht durch,
weil er, inzwischen völlig verschuldet, sozusagen ein Fürst ohne Land geworden
war, um das sich seine Söhne stritten. In dieser allgemeinen Unordnung konnte
Franz Baring seine Entwürfe nicht durchsetzen.
Als Kirchenführer stand Baring in dem allgemeinen Kampf wegen der Kon—
kordienformel bei Eitzen. So schloß sich Lauenburg den Einheitsbestrebungen von
Sachsen⸗-Dresden nicht an.
Die zunächst philippistisch gerichtete Kirchenleitung Lauenburgs änderte sich
sofort, als nach dem Tode des Herzogs sein Sohn Franz II. zur Regierung
kam, der sich an Sachsen-Dresden und Lübeck anlehnte. Der neue Kurs zeigte
sich sofort in der Absetzung des Superintendenten, im Beitritt zur Konkordie, in
der Veranstaltung von Kirchenvisitationen 18581/82 und 1590 unter dem Lübecker
Superintendenten Pouch enius und in der von diesem verfasiten, von der
Sächsischen Vorlage stark beeinflußten Kirchenordnung'), die als eine reife Frucht
der kirchenordnerischen Arbeiten des Reformationsjahrhunderts anzusehen ist und
u. a. wegen des Abschnitts „Konfirmation“ Bedeutung gewonnen hat. Diese
Kirchenordnung ist bis heute die magna charta des lauenburgischen Kirchen⸗
wesens.
Als 1614 wieder Kirchenvisitation gehalten wurde, stand die reine Lehre im
ganzen Lande auf festen Füßen. Die Norm für Lehre und Leben waren das
lautere Wort und die lutherischen Bekenntnisschriften. Die Kirchenordnung des
Superintendenten Pouchenius verbürgte die schier ewige Geltung der lutherischen
Orthodorie. Nur in dem Kirchspiel Groß-Grönau bei Lübeck behaupteten sich
Wiedertäufer und Calpinisten, die Heinrich Rantzau schützte. Die lutherische Or—
thodorie betonte auch in Lauenburg allzu stark die reine Lehre, hatte aber einen
Einschlag von Herzensfrömmigkeit.
Als Reaktion gegen das Lehrhafte des orthodoxen Luthertums trat auch in
Lauenburg das rein Erlebnismäßige in den Schwenkfeldianern hervor. Der her—
vorragende Vertreter dieser Richtung war der lauenburgische Rat Franz Zo—
bel“), der z. B. dem Abendmahl fernblieb, weil er nicht mit der Masse der
) v. Heinttzze, Lauenb. Sonderrecht. Ratzeburg 1900. Fischer⸗Hübner, Zum 350.
jährigen Jubiläum der Lauenb. Kirchenordnung. Lauenb. Zeitung 1935. Vgl. oben S. 508 f.
iu) Siehe M. Zachariae Vogelii, Fürstl. M. S. Generalsup. abgenötigte Antwort auf das
unzeit. Bedenken Hn. Francisci Zobels, J. U. L., über den in Lauenburg A. 1646 am Gr.
Donnerstage gehaltenen Sermon ... Lbck. 1093; Gottfr. Arnolds K. n. K. Historie:
„Fr. Zobel .. „der die Wahrheit unparteiisch bekannt ... u. vielen Armen und Verfolgten
als ein treuer Obadjas viel Gutes getan.“