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5 51. Anhang
Ungläubigen feiern wollte. Darüber entstand eine literarische Fehde mit dem
Superintendenten Zacharias Vogel. Zobel gewann den jugendlichen Kantor
Christian Hoburg') aus Lüneburg für die neue Geistesrichtung, so dasi
dieser während seiner Tätigkeit in der Stadt Lauenburg seine Vekehrung erlebte.
Beide wirkten über ihr Grab hinaus in der Stadt an der Elbe. So wurde 1098
Pastor Viccius-Artlenburg““) wegen der Erwähnung eines Hoburgschen
Buches in der Predigt streng gemaßregelt.
In der Stadt Lauenburg war es denn auch, daß sich der Pietismus im Hause
des Faktors Pfeiffer Raum schuf“). Hier eiferten für die Sache der Herzens
frömmigkeit die Frankeschüler Pfeiffer, des Vorigen Sohn, und Bartholo
mäus Crasselius“), der bekannte Liederdichter. Als dieser den Superinten—
denten Schlüter wegen seiner Orthodorie angriff, wurde er kurzer Hand des
dandes verwiesen. So wurden die pietistischen Einflüsse mit Gewalt zerstört.
Der kleine Kreis in der Stadt Lauenburg war ohne Bedeutung für das gesami
kirchliche Leben. So blieb dem Lande eine tiefgehende Erweckung des Bauern—
und Bürgertums versagt. Die Lehre vom allgemeinen Priestertum wurde nicht
ins praktische Gemeindeleben übersetzt. Lauenburg blieb Pastorenkirche.
Die Idee der Orthodorie mit einem Körnlein Herzensfrömmigkeit vertraten
seit der Kirchenordnung 1585 und auf Grund derselben als trene Wächter der
Kirche die Superintendenten, denen in den Aemtern z. T. Spezialsuperintendenten
zur Seite standen. Sie wachten über der strengen Beobachtung der Kirchen-
ordnung im Auftrage der Landherren, und zwar bis 1089 unter den Askaniern,
von da ab unter den Welfen. Ohne Zweifel hat der Veranstalter der KO und
dreier Kirchenvisitationen, Herzog Franz II. (1581— 16019) hohe Verdienste um
den Ausbau des lanenburgischen Kirchenwesens. Als später seine Nachkommen
katholisch wurden und von Böhmen aus regierten, sorgten sie durch ihre evan—
gelischen Räte für die Durchführung eingehender Generalkirchenvisitationen (1002
und 1683) und die Erhaltung des evangelischen Wesens. Laut KO war das
Konsistorium das starke Instrument des Staatskirchentums. Untee den Welfen
wurde die Regierung samt Konsistorium endgültig von der Stadt Lauenburg nach
Ratzeburg verlegt. So ist seit 1705 die Inselstadt Sitz des Superintendenten
von Lauenburg.
Die Superintendenten haben sich mit Fleiß dem Aufbau des Schulwesens“)
gewidmet. Die eingehenden Bestimmungen der Lbg. KO 1585 waren ein „vor—
züglicher Saatwurf“. Superintendent Erhardi verfaßte den ersten Landeskate-
chismus (1616). In der hannoverschen Zeit wurde der Geseniussche Katechismus
eingeführt, der den Schlüterschen Landeskatechismus (16087) ablöste. Für die
Stadt Ratzeburg ist ein Aufblühen des Schulwesens nach dem 30jährigen Kriege
nachweisbar.
uu) Gottfer. Arnolds K. u. K. Hist. Lebenblauf des Hoburg. Literatur über ihn in
„R. G. G.“
i2) Lauenb. Heimatblätter. Ratzeburg 1928 Nr. 38: Ein Ketzergericht in der Stadt Lauen-
burg.
23) Nachlaß Francke, Kapsel 10: Franz Julius Pfeiffer u. Sohn, Preuß. Staatsbiblioth.
n Berlin, Handschriftenabt.
1) Lauenb. Archiv J. Band, Heftel, 1884.
5) Mirow, Beitr. z. Gesch. des evluth. Volksschulw. Lbgs. Ratzeburg. 1808.