Seine Anfänge
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Von Wittenberg nach Liefland zurückgekehrt, geriet Hoffmann dort alsbald
mit den lutherischen Geistlichen in Streit. Wie sie nunmehr auf gewisse Ketzereien
(3. B. in der Lehre vom Abendmahl) aufmerksam wurden und bei Luther über das
ihm gegebene Zeugnis sich beschwerten, so erweckte ihr feindseliges Verhalten bei
ihm den Keim seines inbrünstigen Hasses gegen die „Geschmierten“, der sich später
immer entschiedener auswuchs. Aber noch „waren es nur die Trabanten Luthers,
mit denen er in Conflikt geraten war, noch stand für ihn die imponierende Gestalt
des Reformators selbst ehrfurchtgebietend und als unantastbare Autorität da“ (zur
Linden, S. 77).
Von Liefland des Landes verwiesen, ging Hoffmann Anfang 1526 nach
Stockholm. Hier verheiratete er sich und diente den zugewanderten Deutschen
als Prediger. In seine Stockholmer Zeit fällt auch die Abfassung zweier wichtiger
Schriften.
Die eine ist die „kor te formaninghe“ an die Versammlung der Gläu—
bigen in Liefland, plattdeutsch geschrieben“. Schon hier tritt seine intensiv eschato—
logische Stimmung stark hervor. In merkwürdiger Deutung der vier Tiere Hefek. l
und Apok. 4 sucht er den Liefländern seine dem Neuen Testament entsprechende
geistliche Sinnesweise und Schrifterklärung im Gegensatze zu dem fleischlichen
Wesen seiner Gegner (der lutherischen Pastoren in Liefland) klar zu machen.
Deutlich weist er auf sich als den verheißenen Profeten, welcher der verderbten
Welt das nahe Gericht Gottes zu verkünden berufen sei.
Die zweite, in Schweden verfaßte, aber an die Liefländer gerichtete Schrift ist:
„Das XII Capitel despropheten Danielis ausgelegt ....
1526“. In dieser besonders wichtigen Schrift erhalten wir in kurzen Zügen einen
vollständigen Einblick in Hoffmanns Lehre, wie sie sich zu der Zeit ausgebildet
hatte.
Noch hält er an Luthers Rechtfertigungslehre und an der absoluten Praedesti
nation fest, läßt aber auch deutlich seine mystischen Ansichten von der Vergottung
des Menschen und der Gelassenheit der Seele in Gott erkennen. In der Lehre
vom Abendmahl stimmt er, ohne dessen merkwürdiger Deutung der Einsetzungs-
worte beizutreten, am meisten mit Karlstadt zusammen, wie er mit diesem auch für
das Anrecht der Laien an der Schriftauslegung und den geistlichen Funktionen ein—
tritt. Der Obrigkeit soll der Christ gehorchen in dem, das nicht wider Gott ist, doch
ist das Schwören abzulehnen. In seiner Eschatologie ist er nunmehr zu dem Punkte
gelangt, daß er mit Michael Stiefel das 7. Jahr nach 1526, also 1533 als
Termin für das Weltende ansetzt.
Die von älteren Schriftstellern gegebene Nachricht, daß Hoffmann im Verein
mit Knipperdolling und Melchior Rinck in Stockholm einen Bildersturm veranlaßt
hätte, läsit sich nicht halten. Hoffmann scheint aus Schweden auch nicht eigentlich
ausgewiesen zu sein, sondern dem Urteil König Gustavs J., „daß er sehr phantastisch
und in seinem Worte etwas unbedacht, daher zu einer offenbarlichen Predigt vor
dem gemeinen Haufen nicht zuzulassen“ sei, nachgegeben und freiwillig das Land
verlassen zu haben (zur Linden, S. 50 ff.).
Von Schweden gelangte er nach Lübeck. Dort hatte zwar die Martinische
Sekte schon einige Anhänger, aber der Rat war noch sehr vorsichtig: offenbare
lutherische Prediger wurden verhaftet oder vertrieben. So war für einen so rück—
sichtslosen Eiferer wie Hoffmann in Lübeck kein Platz. Wir haben über seinen
) 1856 zu Riga von A. Buchholz neu herausgegeben.
Feddersen, Kirchengeschichte, B. II.