Full text: 1517 - 1721 (2)

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Bd. 1, 9 4. Melchior Hoffmann 
Aufenthalt dort weiter keine Nachrichten. Daß er nicht freiwillig die Stadt verließ, 
oielleicht gar tatsächlich dort Unruhe gestiftet hat, geht aus seinem eigenen Bericht 
im „Dialogus“ hervor: „Dan die obersten regenten von Lübeck ganz hart auch nach 
seinem halß, blut, leib und Leben stunden, aber got dem selben kürßner durch alle 
seine feinde halff.“ 
Den Lübecker Gefahren entronnen, kam Hoffmann auf holsteinisches 
Gebiet. Hier war ja der evangelischen Predigt schon länger freier Lauf gelassen?), 
und man darf annehmen, daß er zunächst auf eigene Hand hier und da das Evan— 
gelium gepredigt hat. 
Im Mai 1527 begab er sich über Magdeburgnach Wittenberg, 
vermutlich um die lutherischen Autoritäten von der Richtigkeit seiner eschatologischen 
Anschauungen und von dem profetischen Berufe, den er sich selber für die „letzten 
Tage“ anwies, zu überzeugen. Er ging zunächst Amsdorf in Magdeburg an, 
Diesem hatte Luther') aufgrund der bei ihm eingelaufenen Beschwerden den Rat 
gegeben, den „livländischen Profeten“ nicht zu freundlich zu empfangen. Solchem 
Rate folgte der äußerst selbstbewußte und zornmütige Kirchherr von Magdeburg 
nur allzu willig. Er wies dem Kürschner mit hochmütigen Worten die Tür und 
befestigte diesen in seiner Ueberzeugung, daß die Gelehrten gar nicht imstande seien, 
das Schriftwort richtig zu erfassen. Ja, Amsdorf hielt es für nötig, seine Gemeinde 
vor dem falschen Profeten zu warnen“). Er tat es mit gut lutherischer Grobheit 
und scheute sich nicht, den Pelzer als einen „schwarzen Teufel“ zu bezeichnen. 
Aber auch in Wittenberg wollte man seine „Träume“ nicht anerkennen. 
Er fühlte sich von „seinen Wittenberger Lehrern“ beleidigt und verachtet und zog 
voll heftigen Unwillens lindignabundus, Luther) wieder gen Norden. In 
Magdeburg traf ihn, wie er vermeint, nicht ohne Amsdorfs Zutun, das 
widrige Geschick, ins Gefängnis geworfen und seiner Habseligkeiten beraubt zu 
werden. Ueber Hamburg ging es nach Kiel. 
2. Melchior Hoffmann in Kiel, 1827- 29. 
Während seines Aufenthaltes in Kiel hat Hoffmann sich als „ßöniglicher 
Würden gesetzter Prediger zum Kyll im lande zu Hol— 
ste in“ bezeichnet. Ueber die Bedeutung dieses Ausdrucks ist man sich, wie mir 
scheint, nicht überall recht klar geworden. So halte ich es für ausgeschlossen, daß 
ihm eine vakante Capellanstelle in Kiel übertragen worden oder daß er als eine 
) Ueber die Verbhältnisse unseres Landes zeigt zur Linden sich nicht völlig unterrichtet. So 
wenn er S. 106 von dem angeblichen Toleranzedikt spricht und S. 107, Anm. meint, daß der 
Koönig vor dem Reichstag zu Odense (15. Aua. 1527) einen evangelischen Prediger anzustellen 
nicht gewagt haben würde. 
85) In seinem Briefe vom 18. Mai 1527 (Enders VI, 51. W. A. 4, 211) heisßt es: 
Melchiorem illum prophetam Livoniensem. si venerit, ne suscipias amice neque 
fumiliariter. Passus sum serias literas ob meum testimonium, quod illi stultus et 
deceptus dedi. Nam hoc fretus coepit illic ipsos praedicatores superbire et 
contemnere. Prorsus mihi displicet homo et spiritus ejus, qui ingressus et non 
vocatus insanit, ambulans in mirabilibus supra se. Si venerit, jube eum suae 
vocationi h. e pellisicio vacare et aà prophetando vacare cessareque, donec in 
ecclesiam admissus fuerit auditus et judicatus. Was Luthern an Hoffmann mißfiel, 
war also bis dahin noch keine Irrlehre, sondern seine Unbescheidenheit, mit der er sich, nicht 
rite vocatus, selber zum Profeten aufwarf. 
) Durch eine kleine Schrift: „Ein vormanung an die von Magdeburg, das sie sich vor 
falschen Propheten zu hüten wissen.“
	        
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