Religionsgespräch in Flensburg, 1529
geren Ausführungen über die Art und Weise, wie Gott sich den Menschen von
Anfang an offenbart habe: einerseits durch's Wort, andererseits durch Zeichen
(z. B. den Regenbogen Noahs, die Beschneidung Äbrahams, das Passalamm,
alles Zeichen der vorher gegebenen Zusagen Gottes“). So auch im ÄAbendmahl:
Wort der Verheisßung und Zeichen. Das Wort nehmen wir mit dem Glauben, das
Zeichen mit dem Munde. Das Wort fassen wir ins Herz, Christus aber kann nicht
ins Brot gefasset werden.
Hermann Tast erwiderte darauf, daß darüber, daß alle Kraft der Selig⸗
keit im Worte und nicht im Zeichen stehe, kein Streit sei. Die Frage sei, ob das
Zeichen mehr sei denn schlecht Brot und Wein. „Da sagen wir Nein zu und ge—
denken in keinem Wege abzutreten von den hellen Worten unsers Meisters Christi.“
Hoffmann meinte, auch er halte sich an Christi klare Worte. Das Brot
sesi der Leib Christi, aber nicht wahrhaftig, sondern figürlich und sakramentlich.
Damit hatte er das Thema gegeben, um das sich die ganze weitere Diskussion
drehte. Von allen Seiten, von Stephan Kempe, von Nice. Boie und schließlich
vom Fürsten selbst wurde Heffmann zu dem Geständnis getrieben, daß er die Ein—
setzungsworte nicht im realen Sinne verstehe. Er wehrte sich mit der künstlichen
Unterscheidung, dasi er nicht die Worte (das ist), sondern die Jesi chen figürlich
verstehe. Aber es half nicht: auf die kategorische Frage Tasts und des Herzogs
selber, ob er glaube, das das Brot im Abendmahl Christi Leib sei, mußite er be—
kennen: „Nein, ich gläub es nit. Wie kann ich's gläuben?“
Mit vielen eregetischen Gründen, zum Teil wunderlichen, zum Teil treffenden,
begründete er dann seine Meinung, während seine Gegner es sich insofern leicht
machten, als sie im wesentlichen immer nur steif auf den Worten „das ist“ be—
standen und irgendwelche Einwände der Vernunft oder der Eregese nicht gelten
lassen wollten.
Schließlich hatten die Herren die fruchtlose Debatte der Theologen satt, und
Rantzau sagte, es sei nun genug von den Sachen gehandelt; Herzog Christian werde
Königlicher Majestät anzeigen, was gehandelt waͤre.
Nunmehr sprach Bugenhagen als entscheidende Autorität das Schluß
worst. Er rekapitulierte noch einmal alle (20) von Hoffmann aufgebrachten Argu
mente und widerlegte sie. Wenn seine mündliche Rede auch nur einigermasten dem
entsprochen hat, was er nachher unter den „Acta“ hat drucken lassen“), so muß
man sagen, daß er die Einwände Hoffmanns mustergültig beantwortet hat. Gegen.
über einem Hermann Tast sowohl wie im Vergleich mit dem zwar geistvollen, aber
unklaren und eigenwilligen Melchior Hoffmann zeigt er sich in diesen Ausführungen
durchaus als den überlegenen Geist. Wenn man sie liest, versteht man, weshalb der
Herzog und die Landesgeistlichen in ihm ihren geistigen Führer verehrten. Als
Pommeranus ausgeredet hatte, rief der Herzog Melchior zu sich und sprach: „Mel
chior, wie stehet es mit dem Artikel von der Taufe? Denn Ihr sollt gelehrt haben,
man könne wohl ohne Wasser täufen.“ Melchior erwiderte, seine dahingehende
Aeusierung sei misverstanden worden. Auch habe er in seinen Büchern nichts von
der Taufe gehandelt. Darauf meinte Bugenhagen: in diesem Artikel sei Hoffmann
nicht verklagt, und bat, die Sache fallen zu lassen.
*i) Diese ganze Ausführung hatte er aus Luthers Schrift „Vom Mißibrauch der Messen“
Erl. Ausg. Bd. 28, S. 70) entnommen, wie er sich überhaubt auf diese frische Schrift aus
Luthers Frihreit (1527) stützte: wobei er freilich übersah, daß Luther weder hier noch anderswe
jemals die Realpräsenz des Leibes und Blutes Christi geleugnet hat.
*1) Bei Chr. de Vallo zu lesen Bd. lII, S. 80 155.