B. 1, 6 6. Die Reformation Hamburgs
ordnung erfolgreich durchgeführt hatte, D. Johannes Bu genha ge n)).
Am 9. Oktober 1528 zog dieser, von Weib, Kind und Diener begleitet, in
Hamburg ein und hat hier, nachdem sein ursprünglich nur auf ein bis zwei
Monate berechneter Urlaub immer weiter verlängert worden war, acht Monate
lang, materiell aufs glänzendste versorgt') seine aufbauende Tätigkeit geübt. Diese
bestand erstlich darin, daß er in zahlreichen Predigten die zum Teil noch
unsichere Erkenntnis der evangelischen Grundsätze bei der Bürgerschaft zu ver—
tiefen und zu befestigen suchte, — dazu war er mit seiner volkstümlichen, derben
Beredsamkeit und seiner verstän—
digen, aller Ueberstiegenheit ab—
geneigten Art gerade der rechte
Mann. Zweitens galt es in viel
fache Verhandlungen,
welche vermöge der zwischen Rat
und Bürgerschaft bestehenden Ge—
gensätze nicht immer leicht waren,
die von ihm für notwendig er—
kannten neuen Ordnungen durch—
zusetzen — dabei kam ihm seine
liebenswürdige und humorvolle
Persönlichkeit, die doch, wo es
nötig wurde, auch echt pommer—
scher Grobheit nicht entbehrte, zu—
qute. Endlich hatte er die kirch—
liche Neuordnung urkundlich nie—
derzulegen, d. h. eine „Kirschen—
ordnung“ zu schaffen. In die—
sem Werke war er schon geübt.
Namentlich hatte er gerade eben
rür die Stadt Braunschweig, in
welcher die Verhältnisse ganz
ähnlich wie in Hamburg lagen,
eine Kirchenordnung geschaffen,
die er in vielen Stücken, sogar im
Wortlaut, für Hamburg einfach
nachbilden konnte').
Die Hamburger HO charakterisiert sich schon durch ihre behäbige Breite und
ihr Eingehen auf die geringsten Einzelheiten'“) als ein ganz persönliches Werk des
Doktor Pommeranus.
IOEHANNES BICGENBAGEN
6) Das lebensvolle Bild des Reformators, in welchem sich seine kluge und überlegen⸗ruhige
Art so recht ausprägt, ist die Wiedergabe eines Cranachschen Porträts auf dem Flügelaltar der
Wittenberger Stadttirche. Wir verdanken die Photographie und die Erlaubnis ur Weröffent
ichung der Staatlichen Bildstelle zu Berlin.
) Zum Empfang spendete der Rat ihm einen fetten Ochsen, ein Ohm Wein und zwei Tonnen
Hamburger Bier. Mit Wohnung, Unterhalt und sogar mit Kleidung wurde er von der Stadt
auf's beste versorgt, und bei seinem Abschied, am 9. Juni 1529, erhielt er ein Ehrengeschenk
von 100 fl. rheinisch und seine Frau ein solches von 20 Goldgulden.
) Die plattdeutsche Hamburger KO ist 1888 von Ber t heanu in bester Form neu heraus—
zegeben worden. Bei Sehlinq findet sie sich in Bd. 5, S. 461 - 540.
c) Wgl. z. B. das über den Vollzug der Taufe gesagte (Sehling S. 510 ff.). Man braucht