Full text: 1517 - 1721 (2)

B. 1, 6 6. Die Reformation Hamburgs 
ordnung erfolgreich durchgeführt hatte, D. Johannes Bu genha ge n)). 
Am 9. Oktober 1528 zog dieser, von Weib, Kind und Diener begleitet, in 
Hamburg ein und hat hier, nachdem sein ursprünglich nur auf ein bis zwei 
Monate berechneter Urlaub immer weiter verlängert worden war, acht Monate 
lang, materiell aufs glänzendste versorgt') seine aufbauende Tätigkeit geübt. Diese 
bestand erstlich darin, daß er in zahlreichen Predigten die zum Teil noch 
unsichere Erkenntnis der evangelischen Grundsätze bei der Bürgerschaft zu ver— 
tiefen und zu befestigen suchte, — dazu war er mit seiner volkstümlichen, derben 
Beredsamkeit und seiner verstän— 
digen, aller Ueberstiegenheit ab— 
geneigten Art gerade der rechte 
Mann. Zweitens galt es in viel 
fache Verhandlungen, 
welche vermöge der zwischen Rat 
und Bürgerschaft bestehenden Ge— 
gensätze nicht immer leicht waren, 
die von ihm für notwendig er— 
kannten neuen Ordnungen durch— 
zusetzen — dabei kam ihm seine 
liebenswürdige und humorvolle 
Persönlichkeit, die doch, wo es 
nötig wurde, auch echt pommer— 
scher Grobheit nicht entbehrte, zu— 
qute. Endlich hatte er die kirch— 
liche Neuordnung urkundlich nie— 
derzulegen, d. h. eine „Kirschen— 
ordnung“ zu schaffen. In die— 
sem Werke war er schon geübt. 
Namentlich hatte er gerade eben 
rür die Stadt Braunschweig, in 
welcher die Verhältnisse ganz 
ähnlich wie in Hamburg lagen, 
eine Kirchenordnung geschaffen, 
die er in vielen Stücken, sogar im 
Wortlaut, für Hamburg einfach 
nachbilden konnte'). 
Die Hamburger HO charakterisiert sich schon durch ihre behäbige Breite und 
ihr Eingehen auf die geringsten Einzelheiten'“) als ein ganz persönliches Werk des 
Doktor Pommeranus. 
IOEHANNES BICGENBAGEN 
6) Das lebensvolle Bild des Reformators, in welchem sich seine kluge und überlegen⸗ruhige 
Art so recht ausprägt, ist die Wiedergabe eines Cranachschen Porträts auf dem Flügelaltar der 
Wittenberger Stadttirche. Wir verdanken die Photographie und die Erlaubnis ur Weröffent 
ichung der Staatlichen Bildstelle zu Berlin. 
) Zum Empfang spendete der Rat ihm einen fetten Ochsen, ein Ohm Wein und zwei Tonnen 
Hamburger Bier. Mit Wohnung, Unterhalt und sogar mit Kleidung wurde er von der Stadt 
auf's beste versorgt, und bei seinem Abschied, am 9. Juni 1529, erhielt er ein Ehrengeschenk 
von 100 fl. rheinisch und seine Frau ein solches von 20 Goldgulden. 
) Die plattdeutsche Hamburger KO ist 1888 von Ber t heanu in bester Form neu heraus— 
zegeben worden. Bei Sehlinq findet sie sich in Bd. 5, S. 461 - 540. 
c) Wgl. z. B. das über den Vollzug der Taufe gesagte (Sehling S. 510 ff.). Man braucht
	        
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