B. 1, 9 6. Die Reformation Hamburgs
Auf Grund dieser Vorschriften Bugenhagens hat sich in Hamburg ein be—
sonders reiches Schulleben entwickelt, das auch den angrenzenden Gebieten, vor
allem auch dem holsteinischen Lande zugute gekommen ist. Melanchthon hat sich
(1537) dahin geäußert, daß die Johannisschule an den Gestaden der Nordsee
die besuchteste sei, und Hamburg hoch gelobt, daß es den alten guten Ruf der
Gelehrsamkeit — er erinnert an den großen Humanisten Albert Krantz —
aufrecht erhalte (Beckey S. 243). Die Idee einer akademischen Hochschule
wurde allerdings erst 1613 mit dem damals gegründeten „Akademischen Gym—
nasium“ verwirklicht; theologische Vorlesungen durch die beiden „Lectoren“ sind
aber auch schon früher gehalten worden“).
3. Vollendung der Reformation durch Joh. Aepin.
Mit Bugenhagens Scheiden von Hamburg war das Reformationswerk noch
keinesweges voll durchgeführt.
Wie der Dom, so widerstand auch das Cisterzienserinnenkloster
zu Harvestehude hartnäckig jeder Reformation. Schließlich (1830) schritt
man dazu, das ganze Klostergebäude abzureißen und die dem Klosterleben treu
bleibenden Insassinnen in unbenutzten Räumen des Johannisklosters einzu—
quartieren. Die reichen Klostergüter blieben jedoch erhalten und das „Kloster
St. Johannis zu Herwardeshude'““ ward zu einer Versorgungsanstalt für „ehrliche
Witwen“ und unverheiratete Töchter besserer Bürger ausgestaltet, als welche
die Stiftung noch heute besteht.
Erst 1532 wurde der erste Superintendent bestellt. Nachdem man
sich um Hermann Bonnus in Lübeck und Urbanus Rhegius in Celle vergeblich
bemüht hatte, ward der Pastor an St. Petri, Johann Aepinus, zu dem
Amt berufen. Es war eine gute Wahl: man darf diesen charaktervollen und
tüchtigen Mann als den Vollender des Hamburgischen Reformationswerks
bezeichnen. Als die Zeitverhältnisse eine Ergänzung der Bugenhagenschen KO
nötig machten, hat Aepin die zweite maßgebende Koffür Hamburg
geschaffen (1539, zu finden bei Sehling 5, S. 543 ff.), ebenso die Ordnung für
die Kirchen des Hamburg und Lübeck gemeinsam gehörenden Amtes Berge—
dorf Gergedorf, Curslak, Altengamme, Geesthacht, Neuengamme, Kirch
wärder), die erst damit der Reformation zugeführt wurden (zu finden bei Sehling
a. a. O. S. 386 ff.)“).
Eine überlokale Bedeutung hat Aepin vor allem dadurch gewonnen, daß er
Hamburg und den mit ihm näher verbundenen „wendischen““Städten (Lübeck,
küneburg, Rostock, Stralsund usw.) für Jahrhunderte den Stempel jener, wenn
man es so nennen will, hochkirchlichen Richtung aufgeprägt hat, die in
der strengsten Ausschließung sowohl des Calvinismus wie des Katholizismus und
in der Aufrichtung und Aufrechterhaltung der „reinen'“ lutherischen Lehre ihr
kirchenpolitisches Ziel erblickte. Sein Drängen auf reine Lehre trit zuerst in den
11) Das Johanniskloster musite 1837 ff. wegen Baufälligkeit abgebrochen werden. Man
erbaute statt dessen ein neues Gymnasium, das sog. Johanneum nebst Bibliothek auf dem
Platz des abgebrochenen Doms.
2) Die Bugenhagensche KO galt nur für die Stadt, nicht für die ihr unterworfenen Land-
gemeinden. Von diesen scheint nur Groden im Amte Ritzebüttel frühzeitig (scon 1522 7)
von der neuen Lehre erfaßt worden zu sein (ygl. Reincke in „Die Kirchen des hamburgischen
dandgebiets“ S. 20 ff.).