Full text: 1517 - 1721 (2)

B. 1, 9 6. Die Reformation Hamburgs 
Auf Grund dieser Vorschriften Bugenhagens hat sich in Hamburg ein be— 
sonders reiches Schulleben entwickelt, das auch den angrenzenden Gebieten, vor 
allem auch dem holsteinischen Lande zugute gekommen ist. Melanchthon hat sich 
(1537) dahin geäußert, daß die Johannisschule an den Gestaden der Nordsee 
die besuchteste sei, und Hamburg hoch gelobt, daß es den alten guten Ruf der 
Gelehrsamkeit — er erinnert an den großen Humanisten Albert Krantz — 
aufrecht erhalte (Beckey S. 243). Die Idee einer akademischen Hochschule 
wurde allerdings erst 1613 mit dem damals gegründeten „Akademischen Gym— 
nasium“ verwirklicht; theologische Vorlesungen durch die beiden „Lectoren“ sind 
aber auch schon früher gehalten worden“). 
3. Vollendung der Reformation durch Joh. Aepin. 
Mit Bugenhagens Scheiden von Hamburg war das Reformationswerk noch 
keinesweges voll durchgeführt. 
Wie der Dom, so widerstand auch das Cisterzienserinnenkloster 
zu Harvestehude hartnäckig jeder Reformation. Schließlich (1830) schritt 
man dazu, das ganze Klostergebäude abzureißen und die dem Klosterleben treu 
bleibenden Insassinnen in unbenutzten Räumen des Johannisklosters einzu— 
quartieren. Die reichen Klostergüter blieben jedoch erhalten und das „Kloster 
St. Johannis zu Herwardeshude'““ ward zu einer Versorgungsanstalt für „ehrliche 
Witwen“ und unverheiratete Töchter besserer Bürger ausgestaltet, als welche 
die Stiftung noch heute besteht. 
Erst 1532 wurde der erste Superintendent bestellt. Nachdem man 
sich um Hermann Bonnus in Lübeck und Urbanus Rhegius in Celle vergeblich 
bemüht hatte, ward der Pastor an St. Petri, Johann Aepinus, zu dem 
Amt berufen. Es war eine gute Wahl: man darf diesen charaktervollen und 
tüchtigen Mann als den Vollender des Hamburgischen Reformationswerks 
bezeichnen. Als die Zeitverhältnisse eine Ergänzung der Bugenhagenschen KO 
nötig machten, hat Aepin die zweite maßgebende Koffür Hamburg 
geschaffen (1539, zu finden bei Sehling 5, S. 543 ff.), ebenso die Ordnung für 
die Kirchen des Hamburg und Lübeck gemeinsam gehörenden Amtes Berge— 
dorf Gergedorf, Curslak, Altengamme, Geesthacht, Neuengamme, Kirch 
wärder), die erst damit der Reformation zugeführt wurden (zu finden bei Sehling 
a. a. O. S. 386 ff.)“). 
Eine überlokale Bedeutung hat Aepin vor allem dadurch gewonnen, daß er 
Hamburg und den mit ihm näher verbundenen „wendischen““Städten (Lübeck, 
küneburg, Rostock, Stralsund usw.) für Jahrhunderte den Stempel jener, wenn 
man es so nennen will, hochkirchlichen Richtung aufgeprägt hat, die in 
der strengsten Ausschließung sowohl des Calvinismus wie des Katholizismus und 
in der Aufrichtung und Aufrechterhaltung der „reinen'“ lutherischen Lehre ihr 
kirchenpolitisches Ziel erblickte. Sein Drängen auf reine Lehre trit zuerst in den 
11) Das Johanniskloster musite 1837 ff. wegen Baufälligkeit abgebrochen werden. Man 
erbaute statt dessen ein neues Gymnasium, das sog. Johanneum nebst Bibliothek auf dem 
Platz des abgebrochenen Doms. 
2) Die Bugenhagensche KO galt nur für die Stadt, nicht für die ihr unterworfenen Land- 
gemeinden. Von diesen scheint nur Groden im Amte Ritzebüttel frühzeitig (scon 1522 7) 
von der neuen Lehre erfaßt worden zu sein (ygl. Reincke in „Die Kirchen des hamburgischen 
dandgebiets“ S. 20 ff.).
	        
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