Johann Aepinus
gegen den Anabaptismus gerichteten „Hamburger Artikeln“ vom
15. April 1535 (Sehling S. 540 ff.) kräftig hervor. Hier wird (wohl zum
ersten Male in Niedersachsen) die Augsb. Conf. als unverbrüchliche Lehrnorm
aufgestellt. Und als 1547 das kaiserliche „Interim“ die Reinheit des lutherischen
Glaubens bedrohte, haben Aepin und mit ihm Hamburg zu den entschiedensten
Kämpfern gegen dasselbe gehört“).
4. Die Schicksale des Hamburger Domkapitels.
Das kirchliche Institut, welches Jahrhunderte lang auch für einen grosien
Teil unseres Landes die maßgebende kirchliche Behörde gewesen war, der Ham—
burger Dompropst mit seinem Kapitel, war durch die Reformation der Stadt
besonders schwer geschädigt worden. Waren sie bisher die fast absoluten Herren
des Kirchen- und Schulwesens gewesen, so war ihnen nun mit der Erringung des
freien Wahlrechts der Kirchspiele und der Errichtung einer evangelischen Super—
intendentur das Kirchenregiment völlig aus der Hand genommen worden. Aber
nicht nur das: der Rat hatte auch tief in ihre Einkünfte eingegriffen, viele
Memorien zum Besten der Pfarrer- und Schulmeisterbesoldung eingezogen, die
Lektur zur Besoldung des Superintendenten verwandt u. a. m. Das von kräftigen
und charaktervollen Männern wie dem nach Lübeck entwichenen Dekan Grothe
geführte Kapitel war jedoch nicht gesonnen, sich diese Eingriffe in seine wohl—
erworbenen Rechte gefallen zu lassen. Und es stand nicht wie das Schleswiger
völlig schutzlos da. Als Anner des Bremer Erzbistums war es rechtlich von der
Stadtobrigkeit völlig unabhängig: es war eine Behörde neben (und wie es meinte)
über der Stadtobrigkeit und hatte Anspruch auf kaiserlichen Schutz. Diese günstige
Situation hat es denn auch mit einer anerkennenswerten Zähigkeit bis an sein
Ende ausgenutzt.
Wir hörten schon, daß Propst und Dekan sich sofort nach der entscheidenden
Wendung nach Speyer begeben hätten, um beim Reichskammergericht einen
Prozeß auf Wiedereinsetzung des Kapitels in seine kirchlichen Rechte und Zurück—
gabe der „entwendeten“ „Temporalien“ (Vermögensstücke) einzuleiten. Der
Prozeß wurde auch vom Gericht angenommen und hat gemäß der uns heute so
fabelhaft anmutenden Gemächlichkeit des Gerichtsverfahrens 35 Jahre sich hin—
gezogen; hätte auch wohl noch länger gewährt, wenn er nicht schliesilich durch einen
Vergleich beendet worden wäre.
Die Einzelheiten des Prozesses interessieren uns hier nicht''). Die Stadt
kam öfter in grose Verlegenheit, so daß sie sich 1836 genötigt sah, in den Schmal—
kaldischen Bund einzutreten und 1530 die Hilfe König Christians III. in
Anspruch nehmen mußte“). Schließlich kam die kirchenpolitische Lage ihr zugute,
und das Kapitel war endlich bereit, durch dun Bremer Vergleich von
13) Ein eigenes Geschick wollte es, daß dieser Eiferer für reine Lehre selber der „Irrlehre““
bezichtigt wurde, und zwar im Artikel von der Höllenfahrt Christi (val. Leofs, Dogmengesch.
S. 923 u. a.). Dafür, daß durch seine Sonderlehre die Einheit Hamburgs in der Lehre nicht
gestört werde, sorgte er, indem er drei ihm widersprechende Pastoren ihres Amtes entseßzte.
24) Sie sind mit aller wünschenswerten Genauigkeit von Johannes Spitzer („Ham—-—
burg im Reformationsstreit mit dem Domkapitel“, Zeitschrift für Hamb. Gesch. Bd. 11,
S. 430 — 591) beschrieben worden ...
20) Vgl. den interessanten Aufsatz H. »v. Schubert in unsern BuM III, S. S. 1-604:
„Die Beteiligung der dänisch-holsteinischen Landesfürsten am hamburgischen Kapitelstreit und
das Gutachten Martin Bucers von 1545“, auch separat erschienen (1904) ..