Full text: Die Juden und das Wirtschaftsleben

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papieren hingegen, deren Umsatz in jetziger Zeit 
— also im 17. Jahrhundert — ein bedeutend größerer ist als 
der Umsatz von Mobilien, sind alle Verordnungen der 
Rabbiner für eine Ausdehnung des Handels sehr zu 
berücksichtigen.“ } 
Und damit habe ich schon wieder einen neuen Punkt be- 
rührt, dessen Hervorhebung mir abermals wichtig erscheint. Ich 
meine nämlich, daß aus diesen Worten des Rabbi ein ganz be- 
stimmter „Geist‘‘, ein sehr klarer „Rechtswille‘“ spricht, und ich 
glaube, daß diese Äußerung keine vereinzelte ist. Wenn wir 
nämlich das jüdische Recht der Inhaberpapiere in seiner Ganz- 
heit überblicken und in seiner Eigentümlichkeit zu erfassen 
trachten,. so bemerken wir unzweifelhaft (und damit mache ich 
den allertriftigsten Grund geltend, der für die Richtigkeit meiner 
Hypothese spricht), daß 
6... die Idee des Inhaberpapiers sich zwanglos aus dem 
innersten Wesen, aus dem ‚Geiste des jüdischen Rechtes‘ ’ab- 
leiten läßt; daß die Rechtsform des Inhaberpapiers dem jüdischen 
Rechte ebenso gemäß ist, wie sie dem’ römischen und dem 
germanischen Rechte ihrer innerster Natur nach fremd sein mußte, 
weil sie ein unpersönliches Schuldverhältnis begründet. 
Daß die spezifische Auffassung‘ des römischen Rechtes von 
der Obligation eine ganz und gar. persönliche Färbung trug, ist 
bekannt: die Obligatio war eine Bindung zwischen den Personen 
und demzufolge auch.zwischen ganz bestimmten Personen. Die 
Bestimmung für ihr Zustandekommen: daß zwei oder mehr Per- 
sonen „ex diversis animi motibus in unum consentiunt, id est in 
unam sententiam decurrunt‘“ (Ulp. L. I, $ 3 D. de pact. 2, 14). 
Die Konsequenz dieser Auffassung war dann die, daß der 
Gläubiger seine Forderung eigentlich überhaupt nicht übertragen 
konnte, und wenn er es doch tun wollte, er es nur unter sehr 
schweren Bedingungen tun konnte. Wenn auch. im ‚späteren 
römischen . Rechte . durch die Ausbildung der Delegations-, 
Novations- und insbesondere der Zessionslehre die Forderungen 
etwas freier übertragbar wurden: an dem persönlichen Charakter 
der Obligation ist dem inneren Wesen nach nichts geändert. Vor 
allem behielt der Schuldschein seinen ursprünglichen Charakter 
bei: er war nur akzessorisches Beweismittel. Trotz seiner 
konnten allerhand Einreden gegen eine aus ihm folgende Zahlungs-
	        
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