Full text: Die Juden und das Wirtschaftsleben

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Schwergewichts aus den südeuropäischen in die nordwest- 
guropäischen Länder im Gefolge haben. Der plötzliche Nieder- 
gang Spaniens, der plötzliche Aufschwung Hollands, das Dahin- 
welken so vieler Städte Italiens und Deutschlands und das Empor- 
blühen anderer, wie etwa Livornos, Lyons (vorübergehend), 
Antwerpens (vorübergehend), Hamburgs, Frankfurts a. M., schienen 
mir durch die bisherigen Gründe (Entdeckung des Seewegs nach 
Ostindien, Verschiebung der staatlichen Machtverhältnisse) keines- 
wegs genügend erklärt. Und .da offenbarte sich mir plötzlich 
die zunächst rein äußerliche Parallelität zwischen dem wirt- 
schaftlichen Schicksal der Staaten und Städte und den Wanderungen 
der Juden, die damals, wie bekannt, eine fast völlige Um- 
schichtung ihrer räumlichen Lagerung wieder einmal erlebten. 
Und bei näherem Zusehen ergab sich mir mit unzweifelhafter 
Sicherheit die Erkenntnis, daß in der Tat die Juden es waren, 
die an entscheidenden Punkten den wirtschaftlichen Aufschwung 
dort förderten, wo sie erschienen, den Niedergang dort herbei- 
führten, von wo sie sich wegwandten. 
Diese tatsächliche Feststellung enthielt nun aber ’erst das 
eigentliche wissenschaftliche Problem. Was bedeutete „wirt- 
schaftlicher Aufschwung“‘‘ in jenen Jahrhunderten? Durch welche 
spezifischen Leistungen trugen die Juden dazu bei, jenen „Auf- 
schwung‘“ zu bewirken? Was befähigte sie, diese besonderen 
Leistungen zu vollbringen ? 
Die gründliche Beantwortung dieser Fragen war natürlich 
im Rahmen einer allgemeinen Geschichte des modernen: Kapi- 
talismus nicht möglich. Sie schien mir aber reizvoll genug, um 
auf ein paar Jahre die Arbeit an meinem Hauptwerk zu unter- 
brechen und mich ganz in das judaistische Problem einzuspinnen., 
So ist dieses Buch entstanden. 
Die Hoffnung, es in etwa Jahresfrist vollenden zu können, 
erwies sich bald als trügerisch, da Vorarbeiten so gut wie keine 
vorhanden sind. 
Es ist wirklich höchst seltsam: so viel über das Judenvolk 
geschrieben ist: über das wichtigste Problem: seine Stellung im 
Wirtschaftsleben ist kaum etwas von grundlegender Bedeutung 
gesagt worden. Was wir an sogenannten jüdischen Wirtschafts- 
geschichten oder Wirtschaftsgeschichten der Juden besitzen, 
verdient diese Namen meist gar nicht. denn es sind immer nur
	        
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