Full text: Die Juden und das Wirtschaftsleben

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nicht wehren, da das jüdische Publikum Vorteil davon hat‘; usw. 
Oder Ch. h. 156, 5: Will ein Jude einem Nichtjuden auf niedrigere 
Zinsen Geld leihen, so kann der andere ihm das nicht wehren. 
Ebenso finden wir im jüdischen Recht das starre Prinzip 
des Gewerbemonopols zugunsten der „Gewerbefreiheit‘“ (wenig- 
stens im Schulchan Aruch) durchbrochen: War einer unter den 
Bewohnern eines Ganges, heißt es Ch. h.‘ 156, 5, ein Hand- 
werker, und die andern haben nicht protestiert, und ein anderer 
von diesen Bewohnern will dasselbe Handwerk anfangen, so 
kann ihn der erste nicht daran hindern und sagen: er nehme 
ihm das Brot weg, selbst wenn der zweite aus einem andern 
Gange (Hofe) wäre usw. 
Es kann also keinem Zweifel unterliegen: Gott will den Frei- 
handel, Gott will die Gewerbefreiheit! Welch ein Antrieb, sie 
nun im Wirtschaftsleben wirklich zu betätigen!‘ . 
” VII. Judaismus und Puritanismus. 
Ich habe schon zu verschiedenen Malen gesagt, daß mich die 
Studien Max Webers über die Bedeutung des Puritanismus 
für den Kapitalismus stark angeregt haben zu meinen Unter- 
suchungen über den Judaismus, insonderheit weil ich den Ein- 
druck gewonnen hatte, daß die tragenden und für die kapitalistische 
Entwicklung bedeutsamen Ideen des Puritanismus in der jüdischen 
Religion viel schärfer und natürlich‘ auch viel früher ausgebildet 
worden seien. Ich kann nun hier nicht im einzelnen den Nach- 
weis führen, inwieweit diese Annahme richtig war: dazu müßte 
ich die Ergebnisse dieses ganzen Kapitels in Vergleich stellen 
mit den. Grundideen des Puritanismus, wie sie Weber heraus- 
gearbeitet, hat. Mir scheint aber, daß ein solcher Vergleich in 
der Tat die fast völlige Übereinstimmung jüdischer und purita- 
nischer Anschauungen ergeben müßte, wenigstens insoweit sie 
für die hier untersuchten Zusammenhänge bedeutsam sind: die 
Präponderanz der religiösen Interessen; die Bewährungsidee; 
(vor allem!) die Rationalisierung der Lebensführung; die inner- 
weltliche Askese; die Verquickung religiöser Vorstellungen mit 
Erwerbsinteressen; die rechnerische Behandlung des Sünden- 
problems und manches andere sind in beiden Fällen dieselben. 
Um nur einen: besonders wichtigen Punkt noch zu urgieren: 
die eigentümliche Stellung zum Sexualproblem, die Rationali-
	        
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