292 —
nicht wehren, da das jüdische Publikum Vorteil davon hat‘; usw.
Oder Ch. h. 156, 5: Will ein Jude einem Nichtjuden auf niedrigere
Zinsen Geld leihen, so kann der andere ihm das nicht wehren.
Ebenso finden wir im jüdischen Recht das starre Prinzip
des Gewerbemonopols zugunsten der „Gewerbefreiheit‘“ (wenig-
stens im Schulchan Aruch) durchbrochen: War einer unter den
Bewohnern eines Ganges, heißt es Ch. h.‘ 156, 5, ein Hand-
werker, und die andern haben nicht protestiert, und ein anderer
von diesen Bewohnern will dasselbe Handwerk anfangen, so
kann ihn der erste nicht daran hindern und sagen: er nehme
ihm das Brot weg, selbst wenn der zweite aus einem andern
Gange (Hofe) wäre usw.
Es kann also keinem Zweifel unterliegen: Gott will den Frei-
handel, Gott will die Gewerbefreiheit! Welch ein Antrieb, sie
nun im Wirtschaftsleben wirklich zu betätigen!‘ .
” VII. Judaismus und Puritanismus.
Ich habe schon zu verschiedenen Malen gesagt, daß mich die
Studien Max Webers über die Bedeutung des Puritanismus
für den Kapitalismus stark angeregt haben zu meinen Unter-
suchungen über den Judaismus, insonderheit weil ich den Ein-
druck gewonnen hatte, daß die tragenden und für die kapitalistische
Entwicklung bedeutsamen Ideen des Puritanismus in der jüdischen
Religion viel schärfer und natürlich‘ auch viel früher ausgebildet
worden seien. Ich kann nun hier nicht im einzelnen den Nach-
weis führen, inwieweit diese Annahme richtig war: dazu müßte
ich die Ergebnisse dieses ganzen Kapitels in Vergleich stellen
mit den. Grundideen des Puritanismus, wie sie Weber heraus-
gearbeitet, hat. Mir scheint aber, daß ein solcher Vergleich in
der Tat die fast völlige Übereinstimmung jüdischer und purita-
nischer Anschauungen ergeben müßte, wenigstens insoweit sie
für die hier untersuchten Zusammenhänge bedeutsam sind: die
Präponderanz der religiösen Interessen; die Bewährungsidee;
(vor allem!) die Rationalisierung der Lebensführung; die inner-
weltliche Askese; die Verquickung religiöser Vorstellungen mit
Erwerbsinteressen; die rechnerische Behandlung des Sünden-
problems und manches andere sind in beiden Fällen dieselben.
Um nur einen: besonders wichtigen Punkt noch zu urgieren:
die eigentümliche Stellung zum Sexualproblem, die Rationali-