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sierung des Geschlechtsverkehrs ist in Judaismus und Puritanis-
mus bis ins kleinste gleich. In einem der ersten Hotels Phila-
delphias fand ich in den Zimmern den gedruckten Anschlag:
„Unsere verehrten Gäste, die Geschäfte mit Frauen zu erledigen
haben, werden höfl. ersucht, während der Anwesenheit der Dame
in ihrem Zimmer die Tür offen zu lassen.‘ Im Talmud aber
(Kidd. 82a) heißen diese Worte: „Wer sein Geschäft bei Frauen
hat, sei nicht mit ihnen allein...“
Daß der englische Sonntag der jüdische Sabbat ist, lehrt
ohne weiteres der Vergleich usw.
Übrigens sind die inneren Beziehungen zwischen Judaismus
und Puritanismus — wenn auch ohne recht‘ befriedigendes Er-
gebnis — von anderer Seite zum Gegenstande der Untersuchung
gemacht worden in den Studien von John G. Dow, Hebrew
and Puritan in. der Jew. Quarterly Review, Vol. 3 (1891), 52 ff.
Und erinnern möchte ich daran, daß der helläugige Heinrich
Heine diese Verwandtschaft zwischen Puritanismus und Juden-
tum längst gesehen hatte: „Die protestantischen Schotten“, fragt
er in den ‚Geständnissen‘, „sind sie nicht Hebräer, deren Namen
überall biblisch, deren Cant sogar ‚etwas jerusalemmitisch-phari-
säisch klingt und deren Religion nur ein Judentum .ist, welches
Schweinefleisch frißt?“.
Puritanismus ist Judaismus,
Auf Grund Webers. und meiner Darstellungen, denke ich,
kann es nun nicht mehr schwer sein, diesen geistigen Zusammen-
hang, ja diese geistige Übereinstimmung, festzustellen.
Schwieriger wird die andere Frage zu beantworten sein:. ob
etwa eine äußere Beeinflussung des Puritanis-
mus durch die jüdische Religion nachweisbar ist,
und welcher Art diese elwa gewesen sein mag. Bckannt sind die
engen Beziehungen, die während der Reformationszeit zwischen
dem Judentum und manchen christlichen Sekten sich herausbildeten,
bekannt die Modeliebhaberei für die hebräische Sprache und judaisti-
sche Studien. Bekannt ist aber insbesondere auch ‚die geradezu
fanatische Verehrung, die im 17. Jahrhundert die Juden in England
namentlich bei den Puritanern genossen. Nicht nur, daß die
religiösen Anschauungen der führenden Männer wie Oliver Crom-
wells durchaus im Alten Testamente verankert waren: Cromwell
träumte von einer Versöhnung des Alten und Neuen Testamentes,