Full text: Die Juden und das Wirtschaftsleben

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Leihtech nik während all der ‚Jahrhunderte sind, das lehrt auf 
das klarste ein Studium der Talmudtraktate, die von diesen 
weltlichen Dingen händeln. 
Es wäre wirklich an der Zeit — und ich hoffe, daß dieses 
Buch eine Anregung dazu bieten wird —-, daß ein national- 
ökonomisch geschulter Kopf einmal die wirtschaftswissenschaftlich 
bedeutsamen Teile des Talmud und der rabbinischen Literatur 
einer ‚gründlichen Bearbeitung unterzöge, Hier kann und soll 
natürlich diese Arbeit nicht geleistet werden. Ich muß mich he- 
genügen, auf die für eine ganz bestimmte Fragestellung ‚wich- 
tigen Stellen kurz hinzuweisen, damit sie ein anderer dann um 
so leichter finden kann. Das heißt: ich will nur die Punkte 
zusammenstellen, die mir für ein ganz erstaunlich hohes Maß 
von Vertrautheit . mit ökonomischen und: insonderheit .kredit- 
wirtschaftlichen Problemen zu sprechen scheinen. Wenn man 
tie Zeit bedenkt, in der der Talınud entstanden ist (200 v. Chr. bis 
500 n. Chr.) und gegen ihn alles das hält, was uns das Altertum 
und das Mittelalter an nationalökonomischen Einsichten hinter- 
lassen haben, so kommt man aus der Verwunderung gar nicht 
heraus. Sprechen doch viele der Rabbanen, als hätten sie 
mindestens Ricardo und Marx gelesen, oder als wären sie ein 
paar Jahre als Broker auf der Stock exchange oder als Prokuristen 
in einer großen Spekulationsbank oder als Rechtsanwälte in 
Wucherprozessen tätig gewesen. 
Beispiele: 
a) Genaue Kenntnis von den Edelmetallen und 
ihrer Beschaffenheit: „R. Hisda sagte: Es gibt 7 Arten von 
Gold: Gold, gutes Gold, Ophir Gold (1. Reg. 10, 11), feines 
Gold (ib. 5, 18), gezogenes Gold, massives Gold und Parvajin 
Gold.“ Joma 45a (L. G. 2, 881). . 
Die Einsicht in das Wesen des Geldes als eines „all- 
gemeinen Warenäquivalents‘‘ ist vollkommen entwickelt. 
Man unterscheidet genau die beiden Edelmetalle: ‚ob sie zu 
bestimmten Zeiten vollgültiges Währungsgeld waren oder 
nicht. Hierfür ist auf den ganzen 4. Abschnitt der Baba 
mezia zu verweisen. (Der Begriff des Geldes = all- 
gemeines Warenäquivalent wird entwickelt an dem Rechts- 
satze: daß der Kauf erst perfekt sei, wenn die Ware, nicht 
schon, wenn das Geld tradiert ist.) 
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