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6. Gruppen von Mädchen und Frauen
Halbgötter!), an 5 um Götter?); von den 6 Frauen sind 2 sterblich®),
4 Göttinnen*). Das bedeutet, daß der Dichter eher einen sterblichen
Mann sprechen läßt als eine sterbliche Frau. Die Frauen müssen
eine ganz besondere Würde haben, wenn sie zu Wort kommen sollen.
Von den 20 Stellen, an denen Männer sprechen, wird an 11 Stellen
über alltägliche Dinge geredet, manchmal in gewöhnlichem Wechsel-
gespräch, wie es auch dem Epos geläufig ist, an den übrigen 9 Stellen
werden Gebete oder Weissagungen vorgebracht. Dagegen spricht
keine der 5 Frauen über Alltägliches, sondern alle künden feierlich,
sei es prophezeiend (Medeia, Kassandra, Themis, Hekate), sei es
einer Stadt ein gütiges Geschick anwünschend (Abdera), sei es einem
schlafenden Menschen im Traum erscheinend (Athene). Was Pindars
Frauen sprechen, ist nicht eng an die Person der Redenden geknüpft.
Sie sind der Mund für Ereignisse, die der Dichter auch in seinem
Namen wiedergeben könnte. Das unterscheidet die pindarischen
Frauen nicht nur von Homers Nausikaa, sondern auch von der
Danae des Simonides (Fr. 13), die ihre innersten Gefühle ausspricht
(vgl. S. 79f.). Und doch hat man sich auch diese Verse, die wohl zu
einem Threnos gehörten, wie Pindars Siegeslieder von einem Chor
vorgetragen zu denken. Das Sprechen ist in dem Danaefragment
Bekennen heimlicher Gefühle eines Individuums, bei Pindar Aus-
tönen unpersönlicher Gedanken und Dinge. Bei diesem schweigen
Mädchen und Frauen, wenn sie nicht hehre Göttinnen oder göttlich
inspirierte Jungfrauen sind,
Auch bei den Kyrenäerinnen macht sich, wie P. 2, 18, Pindars
Vorliebe für eine Gesamtheit von Mädchen bemerkbar. Es wäre
doch gewiß ansprechend, wenn der Dichter ein Mädchen aus der
Schar herausgriffe und erzählte, wie es dabeisteht, als der Sieger,
den es verehrt, den Kampfplatz verläßt, oder wie es dem heim-
kehrenden Komos von der Tür des elterlichen Hauses zuschaut
und sich seine Gedanken frei vom Herzen spricht. Nein, irgendeine
Andeutung des engeren Schauplatzes des Vorgangs fehlt; das Indi-
viduum tritt nicht aus der Gruppe hervor. zagdevıxal sagt Pindar
ohne einen schmückenden oder charakterisierenden Zusatz. Eine
Gesamtheit von Mädchen wird genannt, nicht geschildert.
Größere Abweichungen der pindarischen von der homerischen
1) P. 9, 39 Chiron; N. 10, 76 Polydeukes; I. 6, 42. 52 Herakles.
2) 0.6, 62 Poseidon; O. 8, 42; P. 3, 40; P. 9, 30 Apollon; N. 10, 80 Zeus,
3) P. 4,13 Medeia; Paian 8a 25 Kassandra.
4) O. 13, 67 Athene; I. 8, 35 Themis; Paian 2,24 Nymphe Abdera;
2, 73 Hekate; vielleicht auch Paian 8b 13 (Themis? vgl. S. 34).