Partheneien
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Nirgends wird Gestalt, Wuchs und Schönheit erwähnt, weder bei
den Mädchen seiner Zeit von Thessalien, Kyrene, Theben oder
Delphi noch bei den Danaostöchtern des Mythos. Mit Epitheta ist
der Dichter äußerst sparsam; nur einmal findet sich eines, das nach
epischer Weise wirklich schmückt: &Aiıxdxzuöes (Paian 2, 99). Ein-
zelne Ausdrücke geben den Mädchen etwas Herbes, wie „eherne
Stimme“ (Paian 2, 100). Es gibt bei Pindar keine Vergleiche der
Mädchen mit anderen Menschen, mit Göttern oder Dingen, wie sie
ein am Epos und an der Chorlyrik außer Pindar gebildeter Ge-
schmack z. B. im zweiten und sechsten Paian fast erwartet. In
den Paianen sind die Mädchenbilder lebendiger, wohl unter dem
Einfluß der Liedgattung. In den Partheneien wird naturgemäß das
Lied vom Mädchenchor sozusagen beherrscht. Der Chor singt in
dem einzigen größeren Fr. 104d in der ersten Person und stellt sich
selbst mehrmals in den Vordergrund, was außer in der Liedgattung
auch in dem gegenwärtigen Vorgang, der Daphnephorie, seine Ur-
sache hat. Doch schien auch diese Mädchen beim Vergleich mit
Alkmans Partheneion eine größere Verhaltenheit, eine dorische
Strenge auszuzeichnen.
Am Schluß unserer Betrachtungen soll noch kurz die Frage be-
antwortet werden, welchem Lebensalter der Dichter seine besondere
Teilnahme schenkt. Mädchen in den Kinderjahren spielen keine
Rolle. Hat Pindar eine Geburt erwähnt oder geschildert, so eilt
er rasch über Jahre hinweg, z. B. O. 6, 35, wo toagelca die ganze
Jugend der Pitana, die im gleichen Satz V. 33 noch Bo&gpos genannt
wird, umfaßt. Nur einmal, bei der Wundergeburt der Athene, ver-
weilt der Dichter kurze Zeit bei dem Kinde, O. 7, 35—38. Aber dies
Mädchen ist kein ßoggpoc mehr, sondern gehört ihrem Auftreten
nach schon der zweiten Altersgruppe an, die in Pindars Dichtung
vorherrscht, der der zapgd&vor, auf deren Lidern Hora sitzt (N. 8, 1).
Diese nur, die weibliche Entsprechung zu den Jünglingen, deren
Siege Programm und Mythos feiern, sind dem Dichter eingehender
Schilderung wert. Und daß die Mädchen in der Mehrzahl nicht nur
im Alter, sondern auch in der äußeren Erscheinung und der seelischen
Kraft mit den Jünglingen auf gleicher Stufe stehen, haben die
Einzelbetrachtungen gezeigt, Zwar finden sich in den Gedichten
auch passive Naturen von jungfräulichem Alter, die nichts sind als
Weib. Doch lassen die Worte, mit denen Pindar von diesen und
jenen spricht, erkennen, welchen er den Vorzug gibt.