Rückblick
Vergegenwärtigen wir uns noch einmal den Gang unserer Unter-
suchung und ihre Hauptergebnisse. Wir gingen von der Schilderung
eines Kampfes zwischen einem Mädchen und einem Löwen aus,
Ungewöhnlich bewegte Worte des Dichters ließen uns in Kyrene
sein Wunschbild vom Weibe erkennen. Andere Äußerungen über
Mut und männliche Entschlossenheit, auch solche, die Göttinnen
betrafen, stellten sich dazu. Wir zeigten an Vergleichen auf, in-
wiefern Pindars Dichtung sich in dieser Hinsicht von dem, was
vor ihr und nach ihr war, unterscheidet, und mußten die Notwendig-
keit, einmal die Darstellung der Frau bei Pindar zu untersuchen,
bejahen, weil sie wesentliche Züge der Eigenart des Dichters sehen
lehrt. Diese Züge suchten wir mit seinem Hang zu allem Dorischen
in Übereinstimmung zu bringen.
Erhielten wir durch die Schilderung ihres Handelns eine Vor-
stellung von den männliche Areta übenden Frauengestalten, so ver-
mochten wir die feierlichen Augenblicke, in denen Frauen etwas
verkünden, dadurch mitzuerleben, daß wir ihre wörtliche Rede ver-
nahmen. Wir erblickten in diesem Stilmittel einen wesentlichen
Bestandteil der pindarischen Kunst, Frauen zu vergegenwärtigen.
Dem Kapitel „Liebe“ mußte viel Raum gewidmet werden, weil
der Eros in den griechischen Mythen eine große Rolle spielt. Es
stellte sich aber heraus, daß Pindar bisweilen Liebesgeschichten um-
geht. Sie bedeuten dem Boioter nicht so viel wie den jonischen
Epikern und Lyrikern, Mit Vorliebe greift Pindar solche Erzäh-
lungen auf, in denen sich die Kühnheit des Mannes bewährt, wie
Brautraub und Wettkampf der Freier. Den Erwähnungen eines
herben, dorischen Eros stehen zarte Äußerungen über die Liebe
gegenüber, die nicht zu Wilamowitz’ Urteilen über das Weib bei
Pindar passen.
Nur selten kommt der Dichter auf das Verhältnis der Mutter
zum Kinde zu sprechen. Eine für ihr Kind kämpfende Mutter,
Ahlert, Mädchen und Frauen in Pindars Dichtung