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Rückblick
eine auf die Heldentaten des Sohnes stolze Mutter, aber auch eine
Mutter, die ihr Kind aussetzt, zeigen, wie das Ideal der Kyrene
auch die pindarische Mutter in seinen Bann gezogen hat. Auf der
anderen Seite fanden wir jedoch — eine ähnliche Polarität, wie sie
die Betrachtung des Eros ergab — ein Bild zarter, behutsamer
Pflege durch göttliche Ammen.
Schandtaten von Frauen zu erzählen meidet Pindar, wo es mög-
lich ist. Wenn er doch einmal ein Verbrechen erwähnen muß, be-
vorzugt er Umschreibungen vor eindeutigen Ausdrücken. Die List
des Weibes wird hier und da hervorgehoben.
Im letzten Kapitel betonten wir die Häufigkeit kollektiver Vor-
stellung von Frauen bei Pindar und betrachteten einzelne solcher
Bilder. Dabei ließen Vergleiche mit Homer, Alkman und Bakchy-
lides auch hier pindarische Eigenheiten erkennen. Insbesondere
sahen wir, daß Pindars Partheneien in ihrem Inhalt zwar dem weib-
lichen Geschlecht der Singenden Rechnung tragen, aber doch das
Harte, Dorische, das bei fast allen Menschen in Pindars Dichtung
durchblickt, nicht ganz verleugnen,
Bei einem Rückblick auf die in den sechs Kapiteln besprochenen
Mädchen und Frauen stellten wir abschließend fest, daß bei Pindar
das jugendliche Alter überwiegt, das Alter der Kyrene.